Die Kommunikation mit Angehörigen und Heimbewohnern meistern: Tipps für den Dialog im Pflegealltag

Eine Pflegerin unterstützt zwei Senioren bei einer Geschicklichkeitsübung.
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Inhaltsverzeichnis

Warum ist die professionelle Kommunikation in der Pflege wichtig?

Die Kommunikation stellt das wichtigste Bindeglied unserer Gesellschaft dar und macht an den Türen von Pflegeheimen nicht halt. Pflegekräfte kommunizieren rund um die Uhr. Sie beraten, informieren, organisieren, hören zu, weisen an, führen Angehörigengespräche und kommunizieren mit Pflegebedürftigen. Sie pflegen Heimbewohner, Kontakte, Beziehungen und Abläufe. Die Kommunikation mit Angehörigen und Heimbewohnern gehört demnach zu den wichtigen organisatorischen Aufgaben im Pflegealltag.

Die Art und Weise der gewählten Kommunikation bringt eine hohe Verantwortung mit sich:

Mit einer hohen Kommunikationskompetenz haben Pflegende ein wichtiges Instrument an der Hand, um die Beziehungssituation zu Heimbewohnern und Pflegebedürftigen aktiv auszugestalten. Gleichzeitig müssen sich Pflegende im Arbeitsalltag schützen. Zum Beispiel vor den negativen Folgen einer fehlgeleiteten Kommunikation und daraus resultierenden Konflikten.

Aus diesen Gründen ist für Pflegekräfte das Wissen um eine lösungsorientierte Kommunikation unabdingbar. Wer an seinem Gesprächsverhalten feilt für den ist es wichtig zu wissen, welche Ursachen Gesprächsschwierigkeiten haben können.

Welche Faktoren beeinflussen die Kommunikation mit Angehörigen?

Die Zusammenarbeit und Kommunikation mit Angehörigen nimmt im Pflegealltag ebenfalls eine zentrale Rolle ein. Angehörige kennen die Gewohnheiten und Vorlieben ihrer pflegebedürftigen Familienmitglieder. Vor allem bei kognitiv eingeschränkten Heimbewohnern sind sie eine wichtige Unterstützung.

Die Ansprüche und Erwartungen von Angehörigen gehen häufig nicht mit den medizinisch-pflegerischen Möglichkeiten und Erfordernissen einher. Hieraus ergeben sich im Pflegealltag Konfliktsituationen, die einer konstruktiven und wertschätzenden Zusammenarbeit im Wege stehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass das Pflegeteam einen Weg für die gelingende Kommunikation im Rahmen der Angehörigenarbeit findet.

Beeinflussende Faktoren bei der Kommunikation mit Angehörigen sind unter anderem

  • die Anspruchshaltung („Meine Mutter zahlt für die Leistungen eine Stange Geld. Aus diesem Grund müssen alle Wünsche erfüllt werden.“),
  • Unwissenheit im Hinblick auf medizinisch-pflegerische Maßnahmen („Ist diese Maßnahme tatsächlich sinnvoll und notwendig? Gäbe es passendere Maßnahmen, um meinen Angehörigen zu unterstützen?“),
  • durch Heimaufnahme bedingte Distanzierung von der Betreuungs- und Pflegesituation (bis zum Heimeinzug ist die Pflege gegebenenfalls eigenständig erfolgt),
  • nicht erfüllbare und unausgesprochene Erwartungen, Wille zur „Pflichterfüllung“

    („Ich kann die Pflege zu Hause nicht gewährleisten. Ich habe die Pflicht sicherzustellen, dass es meiner Mutter hier an nichts fehlt. Ich sage dem Pflegepersonal, wie sie meine Mutter pflegen und betreuen sollen.“),
  • Trauer („Es endet ein Lebensabschnitt. Wie viel Zeit bleibt uns noch?“),
  • Unsicherheit („War es richtig, mein Familienmitglied ins Pflegeheim zu schicken? Hätte ich die Pflege zu Hause gewährleisten können oder müssen?“),
  • persönliche Unzufriedenheit („Ich habe ein schlechtes Gewissen. Hätte ich keinen Vollzeitjob, könnte ich meine Mutter zu Hause pflegen. Ich bin keine gute Tochter.“),
  • das subjektive Belastungsempfinden („Es belastet mich, dass ich derzeit nicht mehr für meine demenzerkrankte Mutter tun kann.“).

Wie gelingt die konstruktive Kommunikation mit Angehörigen?

Die Tochter einer Heimbewohnerin, Frau Meier, nähert sich der Wohnküche. Ein Raunen geht durch das Pflegeteam. Niemand erwidert beim Eintreten ihren Blick, keiner möchte angesprochen werden. Alle erahnen, dass die Tochter Kritik üben wird. Kennen Sie ähnliche Umstände?

Die folgenden Problemlösungsstrategien helfen, die Gesprächsführung bei der Angehörigenarbeit bewusst und lösungsorientiert zu gestalten.

1. Empathie: In die Angehörigen hineinversetzen

Statt wie im vorigen Beispiel „den Kopf in den Sand zu stecken“ ist eine Ursache für das Verhalten der Tochter zu eruieren.

Zu berücksichtigen ist: Der Weg bis zur Entscheidung des Heimeinzuges wird von einer intensiven Emotionalität geprägt. Es herrschen Trauer, Hilflosigkeit, Schuldgefühle, Überforderung sowie Pflichtbewusstsein und Verantwortungsgefühl. Viele Angehörige haben das Gefühl ihre Verwandten „abzuschieben“. Sie haben ein schlechtes Gewissen. Die Beziehungssituation zwischen dem Angehörigen und dem Pflegebedürftigen ist vorbelastet. Die nicht ausgesprochenen Erwartungen auf beiden Seiten hinterlassen negative Empfindungen.

Scheuen Sie sich nicht, die hinter den fordernden Verhaltensweisen liegenden Gefühle wie Sorge, Hilflosigkeit, Angst und Trauer anzusprechen und zu begleiten. Geben Sie den gezeigten Gefühlen Raum und begleiten diese, ohne sich in die Familiensituation einzumischen.

2. Offen auf Angehörige zugehen und ausreden lassen

Ein Teamgespräch kann dazu beitragen, die im obigen Beispiel genannte Situation aufzulösen. Überlegen Sie gemeinsam, wer aus dem Team das Gefühl hat, einen guten und wertschätzenden Kontakt zu der Angehörigen aufbauen zu können. Kommt die Angehörige das nächste Mal in die Einrichtung, soll diese Person offen auf sie zugehen. 

Zur Wertschätzung gehört es, den Gesprächspartner ausreden zu lassen. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Sprechen und Hören sorgt für eine höhere Gesprächsqualität.

3. Die Angehörigen ernst nehmen

Emotionen von Angehörigen können in einer fordernden Art gegenüber den Pflegekräften gipfeln. Negative Gefühle drücken emotionale Menschen nicht sachlich aus. Es kommt zu Klagen und Vorwürfen, wie

  1. „Die Hose meiner Tante ist schmutzig, sie sieht ungepflegt aus.“
  2. „Auf dem Flur stinkt es“.
  3. „Sind hier alle unpünktlich?“

Hilfreich für den Umgang mit diesen Situationen ist es, dass sich der Gesprächspartner von der Pflegeperson ernst genommen fühlt. Damit das gelingt, versuchen Sie als Pflegekraft die wahren Sorgen hinter der Kritik zu erkennen.

Gute Beispiele für konstruktive und lösungsorientierte Reaktionen auf diese Situationen sind folgende:

  1. „Ihre Tante sieht auf alten Fotos gepflegt aus. Ich weiß, dass sie viel Wert auf ihr Aussehen gelegt hat. Die Flecken auf der Hose stammen von vom Kaffeekränzchen mit ihrer Zimmernachbarin. Wenn Sie möchten erzähle ich Ihnen, was für einen lustigen Nachmittag die beiden miteinander verbracht haben.“
  2. „Sie haben Recht, auf dem Flur riecht es heute unangenehm. Haben Sie ein paar Minuten Zeit für mich? Ich zeige Ihnen, wo das Problem liegt. Unsere Haustechnik ist unermüdlich im Einsatz.“
  3. „Entschuldigen Sie, ich verstehe, dass Sie viel zu tun haben und verärgert sind, weil Sie auf mich warten mussten. Ich habe gerade nach einer Heimbewohnerin gesehen, die sich heute nicht wohlfühlt. Ehrlich gesagt, es passiert im Alltag, dass ich für ein paar Minuten die Uhr außer Acht lasse. Zum Beispiel, wenn ich mit Ihrer Mutter über alte Zeiten spreche.“

Die Pflegekraft zeigt, dass Sie die Kritik und die Bedürfnisse ihres Gegenübers ernst nimmt. Gleichzeitig liefert sie eine valide Erklärung für das Geschehene und bietet weitere Anknüpfungspunkte für das Gespräch. Die Situation entspannt sich und ein Austausch auf Augenhöhe wird eingeleitet.

4. Die Angehörigen beteiligen

Der Weg der Beteiligung von Angehörigen sind vielseitig. Bieten Sie die Teilhabe an Planungen, Vorbereitungen und Durchführungen bei Festen und individuellen Aktivierungsangeboten an. Diese Angebote signalisieren, dass Angehörige im Alltag der Pflegeeinrichtung willkommen sind. Darüber hinaus liefern sie wichtige Informationen rund um den Alltag des Heimbewohners.

Damit Angehörige sich ernst genommen fühlen ist es wichtig, dass Verlässlichkeit in getroffenen Informationen, Zusagen und Absprachen herrscht.

5. Wünsche und Erwartungen der Angehörigen respektieren

Klären Sie, möglichst vor oder direkt nach dem Einzug des Heimbewohners, die Erwartungen und Bedürfnisse der Angehörigen ab. Das räumt Missverständnisse und unrealistische Forderungen von vornherein aus. Des Weiteren bietet dieses Gespräch eine gute Gelegenheit, um die Möglichkeiten und Grenzen der Pflege klar zu benennen. Es signalisiert Angehörigen Ihr Bemühen, den möglichen Rahmen für den Heimbewohner vollständig auszuschöpfen. Lassen sich Wünsche nicht erfüllen, erläutern Sie sachlich und fachlich fundiert den Hintergrund.

6. Den Blickwinkel wechseln

Fordern Angehörige Sie im Alltag durch ihre Verhaltensweisen heraus, legen Sie den Fokus nicht ausschließlich auf das Anstrengende im Miteinander. Wechseln Sie den Blickwinkel und fragen Sie sich: „Was schätze ich an diesem Angehörigen?“. Diese Aspekte können Sie in ihrem nächsten Kontakt wertschätzend einfließen lassen.

7. Nichts persönlich nehmen – positiv bleiben

Für Angehörige ist es wichtig, ein offenes Ohr zu haben und ihren Ärger loswerden zu können. Versuchen Sie, dem Angehörigen Ihren Blickwinkel als professionelle Betreuungskraft zu vermitteln und rechtfertigen Sie Geschehnisse oder medizinisch-pflegerische Maßnahmen mit fundierten Fachkenntnissen. Das zeugt von Kompetenz und entzieht dem Konflikt lösungsorientiert die Grundlage.

Ist Kritik berechtigt, geben Sie Versäumnisse zu und entschuldigen sich. Besprechen Sie gemeinsam, wie in Zukunft eine Veränderung erfolgen kann.

Damit die Kommunikation mit Angehörigen auf Augenhöhe gelingt, sollte eine klare und eindeutige Sprache verwendet werden, möglichst ohne Fachjargon.

8. Die Kunst des aktiven Zuhörens: Gehörtes paraphrasieren

Eine wichtige Kommunikationstechnik besteht darin, Aussagen von Gesprächspartnern zu wiederholen, um zu überprüfen, ob sie richtig verstanden wurden. Gleichzeitig signalisiert das Paraphrasieren dem Gegenüber, dass ihm aufmerksam zugehört wurde.

9. Das Diagnosegespräch gestalten

Diagnosegespräche mit Angehörigen gehören für Pflegepersonen zum Berufsalltag. Bei Erkrankungen, wie zum Beispiel Demenz, stellt das Diagnosegespräch den ersten Schritt zu einer langfristigen Kommunikation mit dem Angehörigen dar. Wichtig ist, dass sich Pflegekräfte für das Gespräch wappnen. Die Überbringung der Diagnose stellt eine Ausnahmesituation für den Angehörigen dar.

Das Diagnosegespräch sollte ohne Störfaktoren und sitzend in einem separaten Raum stattfinden. Die Einleitung kann für den weiteren Gesprächsverlauf entscheidend sein.

Beginnen könnte eine Betreuungskraft folgendermaßen: „Wie Sie bemerkten, hat Ihr Angehöriger seit längerer Zeit Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis. Wir haben mit dem behandelnden Arzt gesprochen, der Untersuchungen durchgeführt hat…“.

Konkrete Formulierungen in verständlichen Worten, ohne Fachjargon, eine ruhige Stimme und direkter Augenkontakt sorgen dafür, dass der Angehörige dem Gespräch folgen kann. Benennen Sie die aktuellen und zu erwartenden Einschränkungen. Zeigen Sie auf, wie der Heimbewohner in der Einrichtung unterstützt wird, um die Lebensqualität zu wahren. Beziehen Sie den Angehörigen bewusst ein. Dazu gehört ihm aufzuzeigen, welche Möglichkeiten der Unterstützung in seiner Macht liegen.

10. Das Belastungsempfinden der Angehörigen thematisieren

Häufig sind Angehörige, bevor der Angehörige ins Pflegeheim einzieht, mit Belastungen konfrontiert. Vor allem, wenn der Angehörige zuvor für die Pflege verantwortlich war. Mit dem Heimeinzug lösen sich für den Angehörigen Belastungen auf, neue kommen hinzu. Das Ausmaß des Belastungsempfindens hängt entscheidend von der Beziehungssituation zu dem Pflegebedürftigen ab. 

Für die Kommunikation mit dem Angehörigen ist es hilfreich, wenn Sie sich in diese Situation hineinversetzen können. Sprechen Sie offen über seine Belastungen. Das sorgt für ein vertrauensvolles Verhältnis und verhilft zu einem offenen Dialog.

Welche Faktoren bedingen Kommunikationsfehler im Dialog mit Pflegebedürftigen?

Die Kommunikation mit Heimbewohnern stellt im Pflegealltag für das Pflegepersonal eine Herausforderung dar. Kommunikationsbarrieren bei Heimbewohnern resultieren vor allem aus physischen und psychischen Einschränkungen.

Dazu zählen unter anderem

  • Schwerhörigkeit,
  • Verwirrtheit,
  • Demenzerkrankungen,
  • Rückzug,
  • Angst,
  • Einsamkeit,
  • mangelnde Konzentration,
  • eingeschränktes Sprachvermögen.

Durch Zeitknappheit im Berufsalltag, generationsbedingte Unterschiede und Demenzerkrankungen wird der Dialog mit Pflegebedürftigen zusätzlich erschwert.

Entscheidend ist der fundierte Umgang mit Kommunikationsproblemen. Diverse Kommunikationswerkzeuge und Problemlösungsstrategien helfen, dass Gespräche im pflegerischen Alltag gelingen und Konfliktsituationen vermieden werden.

Wie gelingt der Dialog bei Heimbewohnern mit Demenzdiagnose?

Eine Demenzdiagnose wirkt sich das auf viele Lebensbereiche aus. Fähigkeiten, die in der Vergangenheit als selbstverständlich galten, verändern sich im Zeitablauf. Dazu zählt vor allem die Kommunikation. Erkrankte Patienten können sprachliche und inhaltliche Zusammenhänge weniger gut verstehen, das eigene Sprachvermögen ist eingeschränkt. Der Heimbewohner befindet sich in seiner eigenen Welt, die für ihn zur Realität wird. Alltägliche Unterhaltungen werden zu Herausforderungen des beruflichen Alltags.

Wie kommuniziert eine Betreuungskraft professionell mit einem demenzerkrankten Heimbewohner? 

Tipp 1: Nonverbal kommunizieren

Mit dem Ausspruch „Man kann nicht nicht kommunizieren“, fasste Kommunikationsforscher Paul Watzlawick die Bedeutung der nonverbalen Kommunikation zusammen. Wenn wir nicht sprechen, kommunizieren wir über Mimik und Gestik mit unserem Gesprächspartner.

Die nonverbale Kommunikation wirkt bei Heimbewohnern mit Demenzdiagnose genauso wie bei gesunden Menschen jeden Alters. Mit nonverbaler Kommunikation verleihen Pflegende ihren Aussagen zusätzliche Bedeutung und sorgen für Klarheit beim Gesprächspartner. Um das Verständnis des Gesagten zu fördern, sollten Pflegekräfte ihre Körpersprache bewusst einsetzen. Ein Lächeln signalisiert Freude, das Runzeln der Stirn eine Frage, eine Hand auf der Schulter wirkt beruhigend, vermittelt Halt und Zuneigung. Ein Winken beim Hinausgehen ist genauso wirkungsvoll wie das Vormachen bestimmter Handlungen, die der Pflegebedürftige durchführen soll.

Des Weiteren sollte das Pflegepersonal im Gespräch explizit auf die Mimik und Gestik der Heimbewohner achten. Auf diese Weise lässt sich das Gesagte besser einschätzen.

Tipp 2: Sprechwirkung bewusst einsetzen

Das Sprechtempo, die Wahl der Betonungen und die Stimmhöhe sind wesentliche Faktoren der Sprechwirkung. Die Sprechwirkung lässt sich bewusst einsetzen, um das Gesagte zu untermalen. Betonungen mit Tonhöhe wirken freundlich, Tontiefe bewirkt Glaubwürdigkeit, betont ausgesprochene Schlüsselwörter bleiben besser im Gedächtnis.

Eine deutliche und langsame Aussprache ist bei Menschen mit Demenzerkrankung genauso wichtig, wie das Verwenden einer einfachen und klaren Wortwahl. Der bewusste Einsatz der Sprachwirkung und des Sprechens sorgen bei dem Gegenüber für ein besseres Verständnis. 

Tipp 3: Klare Anweisungen bieten und Optionen aufzeigen

Alltägliche Abläufe stellen für Menschen mit Demenzerkrankung eine Herausforderung dar. Klare Handlungsanweisungen helfen, die Kommunikation zu vereinfachen und eine Überforderung zu vermeiden.

Statt den Heimbewohner um Hilfe beim Tischabräumen zu bitten, ist die konkrete Anweisung „Können Sie bitte den Teller auf den Servierwagen stellen?“ unmissverständlicher.

Geht es um die Freizeitgestaltung am Nachmittag stellt die Frage „Haben Sie Lust auf einen Spaziergang oder soll ich Ihnen vorlesen?“ zwei klare Handlungsoptionen in den Vordergrund. Aus diesen kann der Heimbewohner wählen.

Tipp 4: Negativformulierungen vermeiden

Zu einer klaren und verständlichen Ausdrucksweise gehört das Vermeiden von Negativformulierungen. Wer seine Aussagen bewusst positiv gestaltet und auf Negativformulierungen verzichtet, schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe:

  • Der Sprachstil wird verbessert: Statt der Aussage „Kein Problem“ wirkt ein „Das erledige ich gerne für Sie.“ deutlich entgegenkommender.
  • Verbesserung der Verständlichkeit: Positivformulierung verleihen Aussagen mehr Klarheit und Bestimmtheit.
  • Die Kommunikation erfolgt zielgerichteter: Statt „Schlagen Sie nicht die Tür nicht zu!“, wirkt ein „Können Sie bitte leise die Tür schließen?“ positiv. Es wird klar und höflich eine konstruktive Handlungsanweisung kommuniziert.

Negativformulierungen von Pflegekräften können mit einer negativen inneren Haltung einhergehen. Wer das erkennt und in eine positive Ausdrucksweise umwandelt, fühlt sich optimistischer, stärkt seine Persönlichkeit und kommuniziert unmissverständlich.

Tipp 5: Das Erinnerungsvermögen nutzen

Fragen die das Kurzzeitgedächtnis betreffen sind für Patienten mit Demenz schwierig zu beantworten und sorgen für Verunsicherung. Beziehen Sie ein Gespräch stattdessen auf gerade Sichtbares / Hörbares oder Aspekte, die das Langzeitgedächtnis triggern. Kann der Demenzerkrankte hierauf antworten, stärkt es das Selbstbewusstsein in seine vorhandenen Fähigkeiten.

Nutzen Sie eine aktuelle Situation, um die Erinnerung anzuregen. Beim Anblick des weihnachtlich geschmückten Zimmers können Sie fragen, wie der Heimbewohner früher Weihnachten gefeiert hat. Das regt die Erinnerung an und bietet die Grundlage für ein konstruktives Gespräch, aus dem auf beiden Seiten keine Frustration resultiert.

Dem Erinnerungsvermögen helfen Fotos und Notizen auf die Sprünge. Kleine Zettel mit klaren Handlungsanweisungen unterstützen, um Heimbewohner an Aufgaben zu erinnern. Beispiel: Eine Notiz auf dem Nachttisch mit dem Vermerk „Nach dem Abendessen Blutdruck messen“ hilft, den Alltag zu strukturieren. Wichtige Tätigkeiten werden dem Demenzerkrankten ins Gedächtnis gerufen.

Tipp 6: Geduld beweisen und paraphrasieren

Heimbewohner, die an Demenz erkrankt sind, reagieren häufig emotional. Wutausbrüche können ihre Ursache in der Frustration haben, weil die Kommunikation nicht konstruktiv verläuft. Das Erinnerungsvermögen an Wörter lässt nach, Betroffene können weniger schnell und konkret antworten.

Geduld und Einfühlungsvermögen sollten bei Pflegekräften an der Tagesordnung stehen. Dazu gehört, das zuvor Gesagte zu wiederholen – wenn möglich in noch leichter verständlicher Form. Sätze wie „Das habe ich Ihnen vorhin gesagt.“ sind zu vermeiden.

Tipp 7: Nicht in der dritten Person von Demenzerkrankten sprechen

Demenzerkrankte Patienten haben ein Gespür dafür, wenn über sie gesprochen wird. Befinden Sie sich mit einer anderen Betreuungskraft oder Angehörigen im Raum des Heimbewohners, sprechen Sie nicht in der dritten Person von ihm. Das zeugt von einem respektvollen Umgang und bietet dem Pflegebedürftigen die Möglichkeit, bei Gelegenheit in das Gespräch einzusteigen.

Tipp 8: Den Pflegebedürftigen richtig adressieren

Menschen mit Demenzdiagnose benötigen besondere Pflege und Betreuung. Nicht vergessen sollte man, dass man einen erwachsenen Menschen vor sich hat. Bewohner sind grundsätzlich zu siezen.

Wenn Sie den Raum betreten, sprechen Sie die Person namentlich an, suchen den Augenkontakt und eliminieren Störfaktoren, die das Gespräch beeinträchtigen könnten. Atmen Sie kurz durch um herauszufinden, wie das Gegenüber gestimmt ist. Finden Sie dann einen geeigneten Einstieg in das Gespräch.

Die korrekte Verwendung des Personalpronomens spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Sätze wie „Dann gehen wir mal was essen.“ sind zu vermeiden. Das „wir“ sorgt für Verwirrung.

Eine Infografik über den Dialog bei einer Demenzprognose.
© ppm-online.org

Kommunizieren mit allen an der Pflege Beteiligten: Welches Kommunikationsmodell eignet sich?

Das „Vier-Ohren-Modell“ von Schulz von Thun besagt, dass mit einer Aussage vier verschiedene Botschaften gesendet werden. Der Empfänger aus dem folgenden Beispiel, die Pflegeperson, kann die Äußerung des „Senders“ (Heimbewohner) auf vier unterschiedlichen Ebenen verstehen.

Dazu gehören die

  • Sachebene (= „Welche Sachinformation vermittelt wird“)
  • Beziehungsebene (=“Was ich von dir halte / Wie wir zueinander stehen“)
  • Selbstoffenbarungsebene (=“Was ich von mir preisgebe“)
  • Appell-Ebene (=“Wozu jemand veranlasst werden soll“)

Ein Beispiel zur Kommunikation zwischen Pflegekraft und Heimbewohner:

Heimbewohner, Herr Franke, fragt die Pflegekraft, Frau Weis: „Wie spät ist es?“

Frau Weis kann diese Frage auf „verschiedenen Ohren“ hören.

SachebeneFrau Weis versteht, dass Herr Franke die Uhrzeit wissen möchte. „Es ist 13.30 Uhr.“
BeziehungsebeneFrau Weis hört heraus, dass sie zu spät ist und Herr Franke sie zur Rede stellen möchte. „Tut mir leid, dass Sie auf mich warten mussten.“ Frau Weis fühlt sich schuldig und zurechtgewiesen.
SelbstoffenbarungsebeneFrau Weis versteht, dass Herr Franke langweilig ist. Aufgrund verschiedener Vorkommnisse ist der heutige Spaziergang ausgefallen. Sie sagt: „Entschuldigung, es war viel los. Heute bin ich ausgelastet.“
Appell-EbeneFrau Weis versteht, dass Sie morgen früher kommen soll.

Auf welcher Ebene versteht die Pflegekraft die Äußerung aus dem Beispiel? Das hängt von ihren bisherigen Erfahrungen, ihrem Wertesystem, ihren Vorurteilen und ihrem Vorwissen ab. Gewichten Heimbewohner und Pflegekraft die genannten Ebenen unterschiedlich, kann es zu Konflikten und Missverständnissen kommen.

Wer das Vier-Ohren-Modell kennt kann sich bewusst dazu entscheiden, den Dialog mit Angehörigen und Heimbewohnern in die richtigen Bahnen zu lenken. Das entzieht Konflikten die Grundlage und dient dem Selbstschutz im Berufsalltag.

Wie können Pflegepersonen Kommunikationstechniken erlernen?

Der erste Schritt besteht in der Selbstreflexion. Beobachten Sie im Alltag, wie Sie in schwierigen Situationen kommunizieren und wie Sie in der Vergangenheit reagiert haben. Mit Hilfe einer Praxisreflexion lassen sich persönliche Kommunikationsmuster und Gesprächsverhalten identifizieren.

Im zweiten Schritt können schwierige Pflegesituationen, gemeinsam mit Kollegen, nachgestellt, analysiert und erörtert werden. Erkenntnisse, die sich hieraus ergeben, werden anschließend für den beruflichen Alltag im Pflegeheim übernommen. In der Gesprächsrunde fördern Sie weitere herausfordernde Pflegesituationen zu Tage und finden Problemlösungsstrategien für das künftige Gesprächsverhalten.

Die Schulung durch einen Kommunikationstrainer kann bei der Praxisreflexion behilflich sein und neue Wege aufzeigen. Das Ziel besteht darin, die Lücke zwischen der Sprachfertigkeit einer Betreuungsperson und dem, was diese tatsächlich ausdrücken möchte, zu füllen. Damit dies gelingt, ist der Einsatz von Kompensationsstrategien notwendig. Wer Kompensationsstrategien anwendet, erzielt kommunikative Kompetenz und trägt zum effektiven und effizienten Dialog mit allen Anspruchsgruppen des Pflegealltags bei.

Fazit: Problemlösungsstrategien gezielt einsetzen

Die Kommunikation mit Angehörigen und Pflegebedürftigen kann als eigenständiges und herausforderndes Aufgabengebiet im Berufsalltag der Pflege betrachtet werden. Pflegepersonal trifft im Berufsalltag auf emotionale Angehörige, psychisch beeinträchtigte Heimbewohner sowie zahlreiche andere Störfaktoren der Kommunikation.

Eine hohe Kommunikationskompetenz ist erlernbar und der Schlüssel, damit zwischenmenschliche Situationen gelingen. Sie sorgt für eine konstruktive Zusammenarbeit sowie für mehr Selbstbewusstsein und Selbstschutz im Berufsalltag des Pflegepersonals.