Pflegestandards erklärt – Ein Überblick

Pflegestandards bilden das Fundament einer funktionierenden Gesundheitseinrichtung
Ein Pfleger und eine Ärztin sehen sich gemeinsam die Hygieneverordnung auf einem Klemmbrett an.
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Inhaltsverzeichnis

Neben den Expertenstandards wurden die Pflegestandards entwickelt. Diese dienen, wie auch schon die Expertenstandards, in erster Linie der Qualitätssicherung in Gesundheitseinrichtungen. Sie sind aus den meisten Einrichtungen mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Die Standards dienen dem Pflegepersonal als Leitlinien während und auch nach der Behandlung des Patienten. Durch ihre Leitlinien ist ein standardisierter Ablauf der Arbeitsprozesse mit gleichbleibendem Qualitätsniveau möglich, was den Alltag erleichtert und die Qualität der Pflege erhöht. 

Was versteht man unter einem Pflegestandard? 

Pflege ist etwas Individuelles. Jeder Mensch ist unterschiedlich, mit unterschiedlichen Problemen und Beschwerden und dementsprechenden Bedürfnissen ausgestattet. Die Aufgabe der Pflege ist es, diese Bedürfnisse zu erkennen und mit passenden Pflegemaßnahmen zu befriedigen. Der Pflegestandard soll dieses Vorgehen nicht verhindern oder einschränken, sondern es positiv beeinflussen. Pflegestandards werden innerhalb der entsprechenden Einrichtungen als Standardpflegepläne formuliert und repräsentieren das Mindestmaß an zu erbringender Pflege. Die formulierten Standardpflegepläne gelten als Handlungsrichtlinien, an der sich Pflegefachkräfte während ihrer Arbeit am Patienten orientieren sollen. 

Mit jeder neuen pflegewissenschaftlichen Erkenntnis können individuelle Änderungen der Pflegestandards vorgenommen werden. So können die Gesundheitseinrichtungen sicherstellen, dass zu jeder Zeit nach neuesten pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen der Pflege mit den Patienten gearbeitet wird und eine möglichst optimale Versorgung mit hoher Pflegequalität stattfindet. 

Was ist der Unterschied zwischen Expertenstandards und Pflegestandards? 

Innerhalb der Pflege existieren unterschiedliche Standards. Zum einen gibt es die Expertenstandards vom DNQP, zum anderen die Pflegestandards. Da sich beide Formen grundlegend voneinander unterscheiden, ist eine entsprechende Differenzierung unbedingt notwendig. 

PflegestandardExpertenstandard vom DNQP
Wird betriebsintern formuliertWird von einer Expertengruppe formuliert
Gilt nur innerhalb der entsprechenden EinrichtungGilt für die gesamte Berufsgruppe
Dient als Leitfaden zur Behandlung des PatientenDient der Verbesserung der Qualität der Pflege 

Welche Formen eines Pflegestandards gibt es? 

Innerhalb der Pflege haben sich unterschiedliche Pflegestandards entwickelt. Jeder von ihnen dient der Qualitätssicherung zur Steigerung des Leistungsniveaus. Wichtig ist aber, dass mit jedem Standard unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Auch ihre Inhalte unterscheiden sich teilweise erheblich voneinander, ganz zu schweigen von den entsprechenden Geltungsbereichen. Während einige der Leitlinien zum Pflegeprozess international gelten, lassen sich anderen nur mit Blick auf einen sehr spezifischen Bereich anwenden. 

Universalstandards Universalstandards beschreiben international gültige Handlungsrichtlinien. Aus diesem Grund werden sie auch als internationale Standards oder Makrostandards bezeichnet. Diese werden in erster Linie von großen internationalen Gesundheitsorganisationen formuliert und herausgegeben. Zu diesen gehören beispielsweise die World Health Organisation (WHO) oder der International Council of Nurses (ICN). Der Fokus der Universalstandards liegt in erster Linie auf länderübergreifenden und grundlegenden ethischen Normen, die das Berufsfeld betreffen. Auch die angestrebten und zu vertretenden Werte dieses Berufs spielen in den Universalstandards eine große Rolle.
Richtlinienstandards Die Richtlinienstandards werden ebenfalls als Makrostandards definiert. Sie haben eine deutlich geringere Reichweite als die Universalstandards. Sie sind nicht international gültig, sondern national beschränkt. Die formulierten Richtlinien definieren das national angestrebte Qualitätsniveau der Pflege. Die Richtlinienstandards dienen der Sicherstellung der Umsetzung normativer Vorgaben und entsprechender Gesetze und verfolgen das Ziel, das Pflegequalitätsniveau oder -ziel für einen Staat zu definieren. Ferner sollen die Verantwortlichkeiten geklärt und Aufgaben der Pflegeplanung zugewiesen werden.
Lokale Standards Lokale Standards haben lediglich eine lokale Reichweite. Betitelt werden diese Standards auch als Meso-, Mikro- oder Handlungsstandards. Ihre Vorgaben begrenzen sich meist auf spezifische Handlungsanweisungen innerhalb der Pflege, nicht aber auf das gesamte Pflegesystem. Lokale Standards werden weiterhin differenzier in allgemeine und spezifische Handlungsstandards. Während sich allgemeine Handlungsanweisungen auf die Durchführung bestimmter Pflegemaßnahmen einer spezifischer Patientengruppe beziehen, liegt der Fokus der spezifischen Standards auf individuell entwickelten Standardpflegeplänen für jeden einzelnen Patienten.

Wie werden Pflegestandards erstellt? 

Pflegestandards sind nicht verpflichtend. Jede Gesundheitseinrichtung kann für sich selbst die Entscheidung treffen, sie zu entwickeln und Standardpflegepläne als Handlungsanweisungen zu etablieren. Sollten sich Gesundheitseinrichtung für die Entwicklung von Pflegestandards entscheiden, sind einige Aspekte zwingend zu beachten. Wichtig ist zum einen, dass die Grundlage des Standards wissenschaftlicher Natur ist. Sie sollte niemals auf bloßen Annahmen beruhen. Des Weiteren spielen bei der Entwicklung Erkenntnisse aus praktischer Erfahrung eine erhebliche Rolle.

Hinweis

Benötigt werden Pflegestandards nur für Situationen, die von der Norm eines pflegerischen Alltags abweichen. Anwendungen, bei denen erfahrungsgemäß keine Probleme zu erwarten sind, müssen nicht mit entsprechenden Leitlinien und Handlungsanweisungen gekennzeichnet werden.

Folgende Kriterien sollten bei der Entwicklung eines Pflegestandards unbedingt berücksichtigt werden:

  • Erhebung der Informationen, die für die Behandlung des Patienten notwendig sind
  • Erfassung der Aufgaben- und Problemstellung unter Auswertung aller Informationsmöglichkeiten wie Pflegediagnose oder Therapieprogramm 
  • Personaleinsatz: Wie viele Pflegekräfte sind für welchen Zeitraum erforderlich? Welche Qualifikationen müssen die Pflegekräfte haben? 
  • Einsatz von Materialien und Hilfsmitteln (Art, Umfang)
  • Einbeziehung des Patienten (Wünsche, Probleme, Ressourcen)
  • Zielsetzung seitens der Pflegefachkraft
  • Festlegung von Überprüfungsterminen der Therapie
  • Hinweise zur Reihenfolge und praktischen Durchführung sowie zu möglichen Komplikationen der Einzelmaßnahmen
  • Vorbereitende Handlungen und Nachbetreuung

Was sind die Ziele der Pflegestandards? 

Das übergeordnete Ziel der Pflegestandards liegt in der Qualitätssteigerung der Pflege. Diese wird dadurch erreicht, dass die Arbeitsweisen vereinheitlicht und der Pflegeablauf systematisiert werden. Durch den Pflegestandard werden einheitlich und zielführende Vorgehensweisen formuliert, die zur Optimierung der Behandlungsmaßnahmen beitragen. 

Auch die Dokumentation der Pflegeabläufe wird im Pflegestandard in den Blick genommen. Durch vorgegebene Nummerierungen und festgelegte Begriffe, die als Grundlage der Dokumentation verwendet werden sollen, wird der Vorgang erheblich vereinfacht. Auch wird der Dokumentationsvorgang transparenter und nachvollziehbarer gestaltet.

Wichtig:

Sollten weitere pflegerische Maßnahmen ergriffen werden, die vom Standard abweichen, ist dies in die Dokumentation aufzunehmen. Andernfalls ist die gewünschte Transparenz nicht gegeben. 

Da jede Pflegefachkraft zu jeder Zeit Zugriff auf den Pflegestandard ihrer Gesundheitseinrichtung hat, fungiert dieser als eine Art Nachschlagewerk. Der Pflegestandard dient als wichtige Hilfestellung und soll dazu beitragen, dass methodische, aber auch menschliche Fehler vermieden werden. Wie in jeder einzelnen Pflegesituation zu handeln ist, ist in den Leitlinien genau formuliert. Solange sich die Pflegekräfte daranhalten, steht einer optimalen Behandlung nichts im Weg. 

Welche Informationen enthält ein Pflegestandard? 

Einem Pflegestandard sind eine Vielzahl an Informationen zu entnehmen. Da dieser auch als Nachschlagewerk genutzt wird, sind hier sehr ausführliche Darstellungen der einzelnen Betrefflichkeiten verfasst. Die dargestellten Informationen sollen die Pflegefachkraft in ihrem Alltag unterstützen und mögliche Unklarheiten auflösen. 

InhaltThemenZiele
DefinitionenPflegequalität, Qualitätssicherung, Pflegevisite, QualitätszirkelDarstellung von Definitionen der unterschiedlichen Begrifflichkeiten, um Missverständnissen während der thematischen Auseinandersetzung vorzubeugen
Grundlagen zu QualitätssicherungQualitätsaspekte der Berufsausübung, Instrumente zur Qualitätssicherung, Fünf Kernpunkte im Qualitätsmanagement, Gründe für Qualitätssicherung, Mögliche Einschränkungen aufgrund von Rahmenbedingungen, Schritte zu Qualitätssicherung, QualitätssicherungsprogrammeStändige Leistungsverbesserung der Gesundheitseinrichtung 
QualifikationsdimensionStrukturqualität aus Patienten- und Pflegerperspektive, Prozessqualität aus Patienten- und Pflegerperspektive, Ergebnisqualität aus Patienten- und PflegerperspektiveSensibilisierung für die Tatsache, dass alle drei Qualifikationsdimensionen aufeinander aufbauen
Qualitätsmessung KriterienNennung von Kriterien, anhand derer die Pflegefachkraft die Qualität der durchgeführten Arbeit messen kann 
Zugangswege zum Qualitätsmanagement Vereinheitlichung und Integration, Ergebnisorientierte Leitidee, Instrumentelle LeitideeDarstellung unterschiedlicher Wege, die Optimierung des Qualitätsmanagements gewährleisten
Pflegestandards Prozessstandard, Ergebnisstandard, EinzelstandardBenennung der Risiken, Maßnahmen zu Pflegediagnosen & -dokumentation zu den durchzuführenden Kontrollen sowie Berücksichtigung der potenziell entstehenden Vor- und Nachteile für Patient und Pflegefachkraft
PflegeleitbildBetriebsleitbild, generelle Orientierungspunkte, Pflegerisches Verständnis, pflegerische Einstellung, pflegerische VerpflichtungenDifferenzierung von Pflegeleitbild und Betriebsleitbild
PatientenzufriedenheitPatientenfragebogen, Zusammenhang Kommunikation & Qualität, Kommunikation nach innen & außen, persönliche Kommunikation, Was macht Patientenzufriedenheit aus?, Wie kann man Patientenzufriedenheit messen? Sicherstellung der Patientenzufriedenheit durch Darstellung von Möglichkeiten, wie diese gewährleistet werden kann 
Arten der PflegeSelbstpflege, Laienpflege, professionelle PflegeHerantragen der Unterschiede zwischen den einzelnen Arten der Pflege. Jede Pflegefachkraft sollte im Stande sein, entsprechend zu differenzieren und die Unterschiede zu kennen 
Pflegesysteme, Pflegeorganisationsmodelle Funktionelle Pflege, ganzheitliche Pflege, Einzelpflege, Bereichspflege, Primary NursingOffenlegung der unterschiedlichen Pflegesysteme inklusive Aufzeigen der Vor- und Nachteile und der Auswirkungen auf unter anderem die Organisation und die Zufriedenheit von Patient und Pflegefachkraft 
SonstigesFort- und Weiterbildung in der PflegeDarstellung der nach der Ausbildung weiterhin zu leistenden Fort- bzw. Weiterbildungen mit ausführlicher Begründung dieser Verpflichtung

Der Pflegestandard Hygiene 

Zum Pflegestandard Hygiene gehört unter anderem die Desinfektion der Hände. Desinfektionsmittel tötet Keime mit rund 99,99 % hundertmal effektiver ab als normales Händewaschen, welches die Haut von lediglich 99 % der Keime befreit. Da Handdesinfektionsmittel rückfettende Substanzen besitzt, ist es weniger schädlich für die Hände als von vielen Menschen angenommen. Häufiges Händewaschen greift die Hautbarriere in höherem Maße an als regelmäßiges Desinfizieren. Nichtsdestotrotz ist es zwingend notwendig, auf eine ausreichende Hautpflege zu achten, welche das Eincremen miteinschließt. 

Wichtig

Die Desinfektion der Hände entspricht nur einem Teil der Händehygiene. Regelmäßiges Händewaschen und Eincremen ist ebenfalls enorm wichtig. 

Um eine optimale Abtötung der Keime gewährleisten zu können, ist darauf zu achten, dass auch die Fingerzwischenräume, die Nagelfalze, die Fingerkuppen sowie die Daumen ausreichend mit dem Desinfektionsmittel benetzt werden. Andernfalls werden dort sitzende Keime nicht abgetötet. Um eine vollständige Abtötung zu erreichen, ist ein hohes Maß an Konzentration erforderlich, um tatsächlich die gesamte Hand ausreichend zu desinfizieren. Aus genau diesem Grund sind Pflegefachkräfte dazu verpflichtet, in regelmäßigen Intervallen an Schulungen teilzunehmen, mithilfe derer der Desinfektionsablauf noch einmal aufgefrischt wird. 

Ob entsprechende Abläufe seitens des Pflegepersonals eingehalten werden, sollte von der Pflegedienstleitung in unregelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Aufgabe der Gesundheitseinrichtung ist es hierbei, Handwaschplätze bereitzustellen. Diese sollten sowohl Seife, Desinfektionsmittel und Mittel zur Hautpflege vorweisen als auch Einmalhandtücher und einen Abfalleimer. 

Pro Desinfektion sollte eine Menge von drei bis fünf ml verwendet werden. Während der Einwirkzeit von 30 Sekunden ist darauf zu achten, die Flüssigkeit dauerhaft zu verreiben, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Ferner sollten die Hände vor der Desinfektion vollständig trocken sein, andernfalls kann die Abtötung der Keime nicht garantiert werden. Der Pflegestandard für Hygiene sieht vor, dass während des Desinfektionsvorgangs kein Schmuck getragen wird. Schmuck ist ein gerne genommenes Versteck für Keime. Wird dieser nicht abgelegt, können die darunterliegenden Keime von dem Desinfektionsmittel nicht getroffen werden. 

Durch ein gut entwickeltes Hygienemanagement soll sichergestellt werden, dass die Weitergabe von Keimen in Gesundheitseinrichtungen auf ein Minimum reduziert wird. Neben dem Schutz der Patienten gilt sie auch als Selbstschutz der Pflegefachkräfte, indem Infektionen und Kontaminationen vermieden werden können. Aber auch zur Unterbrechung von Infektionsketten ist Desinfektion essenziell. 

Hinweis

Noroviren werden durch typische Desinfektionsmittel nicht abgetötet. Hierfür sind viruzide Präparate notwendig. 

Pflegestandards und Qualitätsmanagement 

Pflegestandards wurden, genau wie die Expertenstandards, entwickelt, um eine Qualitätssicherung der Pflege zu ermöglichen. Ferner dienen die Richtlinien im pflegerischen Alltag als Leitfaden, an dem sich Pflegefachkräfte orientieren können. Sie sind ein wichtiger Baustein für die Qualitätssicherung. Allerdings sind Pflegeeinrichtungen nicht zur Entwicklung etwaiger Pflegestandards verpflichtet.

Um ein optimales Qualitätsmanagement zu ermöglichen, werden im Pflegestandard kleinschrittig diverse Faktoren in den Blick genommen. Durch die festgelegten Standards kann sichergestellt werden, dass alle Pflegekräfte mit denselben Ansätzen arbeiten. Da diese sowohl wissenschaftlich fundiert als auch erkenntnisbasiert entwickelt wurden, ist davon auszugehen, dass die entsprechend formulierten Leitlinien zielführend sind. 

Pflegestandards sichern die Qualität der Pflege

Pflegestandards gehören in den meisten Gesundheitseinrichtungen mittlerweile zum Alltag. Obwohl ihre Entwicklung und Durchsetzung gesetzlich nicht verpflichtend ist, ist es empfehlenswert. Durch diesen Leitfaden sind die Pflegefachkräfte dazu verpflichtet, nach entsprechend dargestelltem Vorgehen zu handeln. Arbeitsprozesse werden so leichter nachvollziehbar.

Durch die in den Pflegestandards deutlich verteilten Aufgabenbereiche, weiß jede Position der Gesundheitseinrichtung, was sie zu tun und zu lassen hat. Durch die standardisierten Vorgehensweisen ist nicht nur die Kontrolle und das Nachvollziehen der einzelnen Arbeitsprozesse leichter. So kann auch gezielter behandelt werden und sowohl die Zufriedenheit der Patienten als auch der Pfleger kann gewährleistet werden.