Qualitätsprüfungen sind in nahezu allen Branchen bekannt und vor allem für die Hersteller von Produkten bedeutend. Ein bestandenes Prüfverfahren ist der Nachweis für Qualität und steigert das Vertrauen der Konsumenten. Am bekanntesten ist wohl der TÜV für Autos. Aber es gibt auch einen weiteren Bereich, in dem Qualitätsprüfungen sehr wichtig sind, und zwar der Pflegebereich.
Hier ist vor allem die Bewertung der Pflegequalität in Pflegeheimen von besonderer Bedeutung. Diese ist aus ethischen und moralischen Erwägungen weit höher zu bewerten, als eine TÜV-Untersuchung oder ein Prüfverfahren für Produkte. Seit vielen Jahren untersuchen Krankenversicherungen, die Politik und weitere Player im Pflegebereich die Pflegequalität und nutzen hierfür den sogenannten Pflege TÜV. In einem einheitlichen Verfahren werden kontinuierlich die Pflegeeinrichtungen in Deutschland auf Mängel, Defizite und ihre Betreuungsqualität untersucht.
Dieses Vorgehen ist entscheidend, da sich Mängel in einem Krankenhaus oder in Pflegeheimen umgehend auf die Bewohner der Einrichtung auswirken. Vor allem zu wenig oder zu gering qualifizierte Pflegekräfte implizieren, dass Bewohner und ihre Bedürfnisse nach Zuspruch und medizinischer Versorgung leiden. Im Umkehrschluss klagen ebenso die Pflegekräfte aufgrund größer werdender Belastungen über Burn-out oder andere Belastungserkrankungen.
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) und der Prüfdienst der Privaten Krankenversicherungen sind auf Grundlage des 11. Sozialgesetzbuches (SGB XI) berechtigt, Pflegeheime und die individuelle Qualität der Pflege kontinuierlich zu überprüfen. Bis September 2019 wurden bei den Begutachtungen Pflegenoten in Form von Schulnoten vergeben, die am Ende eine Gesamtnote für das jeweilige Pflegeheim ergeben. Kritiker bemängelten an der bisherigen Qualitätsprüfung vor allem die Vergabe von ausgezeichneten Noten trotz teilweise nachweisbarer, eklatanter Pflegemängel. Durch Kompensation konnten Pflegeheime eine exzellente Gesamtnote erhalten, die dieses Prädikat aus objektiven Erwägungen nicht verdient hätten. Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) wurde aus diesem Grund eine Novellierung der Qualitätsprüfung und des Pflege TÜV beschlossen. Diese ist zum 01.10.2019 in Kraft getreten.
Mit der neuen indikatorengestützten Qualitätsprüfung soll sichergestellt werden, dass die Transparenz in Bezug auf die Pflegequalität erhöht wird. Verantwortliche in Pflegeheimen sowie Angehörige und Pflegebedürftige interessieren in diesem Zusammenhang vor allem die folgenden Fragen:
- Was zeichnet den novellierten Pflege TÜV aus?
- Welche Kriterien werden herangezogen, um die Pflegequalität transparenter darzustellen?
- Wie können Pflegebedürftige und Angehörige ausgezeichnete Pflegeheime erkennen?
Was zeichnet den novellierten Pflege TÜV aus
Der novellierte Pflege TÜV bündelt Informationen aus bewohnerbezogenen Daten und der externen Qualitätsprüfung vor Ort. Die professionelle Grundlage des neuen Pflege TÜV ist ein verändertes Bewertungssystem. Dieses vereint die verschiedenen Kriterien, wie qualitätsrelevante Informationen, messbare Indikatoren im Pflegebereich und Ergebnisse der externen Qualitätsprüfung. Eine Darstellung der Resultate anhand von Schulnoten, die berechtigterweise in vielen Fällen kritisiert wurde, wird nicht mehr vorgenommen. Der Qualitätsausschuss Pflege hat vielmehr einen Bewertungsmaßstab erarbeitet, der die tatsächliche Pflegequalität der Pflegeeinrichtungen stärker hervorhebt. Die Qualitätsprüfung in den Pflegeheimen übernimmt auf Grundlage von § 114 SGB XI zu 90 % der medizinische Dienst der gesetzlichen Krankenversicherung und zu 10 % der PKV-Prüfdienst.
Welche Verantwortlichkeiten und Maßnahmen hat der Gesetzgeber vorgesehen?
Der novellierte Pflege TÜV basiert auf vier für die Qualitätsprüfung bedeutenden Schritten:
- Erhebung von bewohnerbezogenen Daten und Auswertung durch die Datenauswertungsstelle.
- Übermittlung von Qualitätsindikatoren durch die Datenauswertungsstelle an das Pflegeheim und die Pflegekassen.
- Durchführung von externen Qualitätsprüfungen durch das MDK und den PKV-Prüfdienst.
- Aufbereitung und Veröffentlichung der Ergebnisse der Qualitätsprüfung.
1. Erhebung von bewohnerbezogenen und qualitätsrelevanten Daten
Der Paragraf 113 SGB XI beschreibt unmissverständlich, dass jede Pflegeeinrichtung verpflichtet ist, bewohnerbezogene Daten zu erheben. Die erhobenen Informationen werden aus gesetzgeberischer Sicht nach den:
- Maßstäben und Grundsätzen für die Qualität,
- die Qualitätssicherung und -darstellung sowie
- für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements in der vollstationären Pflege veröffentlicht.
Die bewohnerbezogenen Daten bestehen aus:
- Objektiven Informationen über die Auslastung der Pflegeeinrichtung sowie
- 98 pseudonymisiert zu erfassenden Fragen über die Versorgungsergebnisse im Pflegeheim.
Die Ergebnisse der 98 Fragestellungen werden in 10 Qualitätsindikatoren zusammengefasst. Durch die Beantwortung der Sachverhalte ergibt sich ein transparentes Bild über die Selbstständigkeit der Bewohner, den allgemeinen medizinischen Zustand oder zur Schmerzeinschätzung der Pflegebedürftigen. Der Fragenkatalog ähnelt den Modulen des Neuen Begutachtungsinstruments (NBI), welches Grundlage für die Einteilung der Pflegegrade ist. Das NBI fokussiert sich vor allem auf die Erfassung der individuellen Selbstständigkeit und der Fähigkeiten der Pflegebedürftigen in insgesamt acht Bereichen. Die anonymisierten Daten müssen halbjährlich an die Datenauswertungsstelle (DAS) übermittelt werden.
Neben den bewohnerbezogenen Daten werden von der Datenauswertungsstelle 60 qualitätsrelevante Informationen abgefragt und unbewertet veröffentlich. Sie geben Angehörigen und Pflegebedürftigen unter anderem Aufschluss über die Ausstattung des Pflegeheimes oder den Versorgungsschwerpunkt. Gleichzeitig wird abgefragt, welche Kooperationsvereinbarungen bestehen und welche besonderen Angebote für Bewohner in der Pflegeeinrichtung angeboten werden. Die objektive Darstellung der qualitätsrelevanten Informationen erlaubt es Angehörigen und pflegebedürftigen Personen, ein Pflegeheim zu finden, das den eigenen Anforderungen und Bedürfnissen bestmöglich entspricht.
2. Übermittlung von Qualitätsindikatoren durch die Datenauswertungsstelle
Pflegeheime sind gesetzlich verpflichtet, sich bei der Datenauswertungsstelle registrieren zu lassen. In der Folge ermittelt diese anhand aller eingereichten Informationen die sogenannten Qualitätsindikatoren (QI) für jedes Pflegeheim. In einer vorgeschalteten Plausibilitätsprüfung wird verifiziert, ob alle Daten und Sachverhalte wahrheitsgemäß und nachvollziehbar sind. Die ermittelten Qualitätsindikatoren werden an das Pflegeheim zurückgespielt und ebenso den Pflegekassen übermittelt. Die Pflegekassen sind im weiteren Verlauf des Verfahrens zuständig, die Ergebnisse der Datenauswertungsstelle und der externen Prüfungen vor Ort zusammenzufassen. Am Ende nehmen sie die endgültige Qualitätsdarstellung vor.
Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, die Ergebnisse und Qualitätsindikatoren der Datenauswertungsstelle eingehend zu prüfen. Können aus den konsolidierten Endergebnissen Handlungspotenziale abgeleitet werden, sollten Pflegeheime Änderungen umgehend implementieren. Fallen zum Beispiel bei der Auswertung der Versorgungsergebnisse Punkte in der Pflege oder kritische Anmerkungen der Datenauswertungsstelle auf, sollten Pflegeheim diese analysieren.
Ausschließlich durch ein solches Vorgehen können brachliegende Verbesserungspotenziale ausgeschöpft werden. In den meisten Fällen handelt es sich um kleinere strukturelle Veränderungen. Diese können zusammengerechnet die Pflegequalität nachhaltig erhöhen und für Bewohner bessere stationäre Pflegebedingungen schaffen.
Die Versorgungsergebnisse werden im letzten Schritt zusammengefasst und dem Bundesdurchschnitt gegenübergestellt. Die folgenden Abstufungen in der Bewertung zeigen die Qualität des Pflegeheimes an und werden im Internet veröffentlicht:
- Die Ergebnisqualität liegt weit über dem Durchschnitt.
- Die Ergebnisqualität liegt leicht über dem Durchschnitt.
- Die Ergebnisqualität liegt nahe am Durchschnitt
- Die Ergebnisqualität liegt leicht unter dem Durchschnitt.
- Die Ergebnisqualität liegt weit unter dem Durchschnitt.
Wie die Datenauswertungsstelle Stichtage berechnet
Die halbjährliche Meldung von Daten an die Datenauswertungsstelle erfolgt nach Festsetzung eines einmalig kommunizierten Stichtages. Dieser wird zwischen der Pflegeeinrichtung und der Datenauswertungsstelle abgestimmt. Ist der Termin bekannt, ist das Pflegeheim nach Maßgabe des § 114b SGB XI gebunden, alle Daten turnusmäßig und digital an die Datenauswertungsstelle zu übermitteln. Der Erhebungszeitraum umfasst generell einen Zeitraum von insgesamt sechs Monaten, die vor dem Stichtag liegen. Der Stichtag bezeichnet den letzten Tag des Erhebungszeitraumes.
Am Tag nach der festgelegten Deadline beginnt ein 14-tägiger Erfassungszeitraum für die Ergebnisse. In diesem Zeitraum ist die Pflegeeinrichtung verpflichtet, die relevanten Daten an die Datenauswertungsstelle zu übermitteln. Eine Korrekturphase von 7 Tagen kann genutzt werden, um eventuelle Fehleingaben zu verändern. Aufgrund der kurzen Zeiträume für die Datenübermittlung liegt es auf der Hand, dass jedes Pflegeheim auf ein funktionierendes internes Qualitätsmanagement angewiesen ist.
Dieses muss sicherstellen, dass die Informationen aller Heimbewohner zeitnah und korrekt eingepflegt werden. Darüber hinaus sollte vonseiten des Heimbetreibers garantiert werden, dass die Pflegeeinrichtung über die technischen Voraussetzungen und qualifiziertes Personal verfügt. Diese müssen die Daten korrekt erfassen und professionell versenden können.
Info: Aus den Mitteln des Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung wird im Jahr 2019 ein einmaliger Förderbetrag in Höhe von 1.000 Euro für jede zugelassene vollstationäre Pflegeeinrichtung bereitgestellt, um die für die Erhebung von indikatorenbezogenen Daten zur vergleichenden Messung und Darstellung von Ergebnisqualität notwendigen Schulungen in den Einrichtungen zu unterstützen (§ 114b SGB XI). Der Betrag wird an jede registrierte Pflegeeinrichtung automatisch ausgekehrt.
Von Oktober 2019 bis Juni 2020 sollten alle Pflegeeinrichtungen in Deutschland sowohl die qualitätsrelevanten Informationen wie die bewohnerbezogenen Daten einmalig an die Datenauswertungsstelle übermittelt haben. Aufgrund des neuartigen Verfahrens wird der erste Datensatz nicht veröffentlicht. Er dient als Testlauf.
3. Durchführung von externen Qualitätsprüfungen durch den MDK und den PKV-Prüfdienst
Ein weiterer wesentlicher Baustein der Qualitätsprüfung von Pflegeeinrichtungen ist die externe Inspektion der Pflegequalität durch den MDK und den PKV-Prüfdienst vor Ort. Auf Grundlage des 11. Sozialgesetzbuches sind die Pflegeheime für folgendes verantwortlich:
- Maßnahmen der Qualitätssicherung sowie
- ein Qualitätsmanagement durchzuführen,
- Expertenstandards anzuwenden sowie
- bei Qualitätsprüfungen mitzuwirken. (§ 112 SGB XI)
Während die ersten 3 Punkte vorbereitenden Charakter haben oder fortlaufend im Pflegealltag angewandt werden müssen, bezieht sich der 4. Punkt direkt auf die externen Qualitätsprüfungen. Diese werden in der Regel einen Tag vor der eigentlichen Prüfung angekündigt.
Welche Punkte bei einer externen Prüfung fokussiert werden
Maßgeblich für die Regelprüfung eines Pflegeheimes ist der § 114 SGB XI. Er enthält eine umfassende Aufschlüsselung, worauf sich die Prüfer einer Pflegeeinrichtung fokussieren müssen.
Ergebnisqualität | Wesentliche Aspekte des Pflegezustandes und die Wirksamkeit der Pflege- und Betreuungsmaßnahmen |
Prozessqualität | Ablauf, Durchführung und die Evaluation der Leistungserbringung |
Strukturqualität | Rahmenbedingungen der Leistungserbringung |
Qualität | Qualität der allgemeinen Pflegeleistungen, der medizinischen Behandlungspflege, der Betreuung und der zusätzlichen Fürsorge (Aktivierung) |
Unterkunft und Verpflegung | Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung sowie der Zusatzleistungen |
Sonstiges | Leistungen der häuslichen Krankenpflege und der Abrechnung sowie Kontrolle der Hygiene- und Infektionsprävention in der Einrichtung |
Wie das novellierte Qualitätssystem aufgebaut ist
Jedes Pflegeheim, das vom MDK oder vom PKV-Prüfdienst nach den Richtlinien des SGB XI geprüft wird, wird im novellierten Qualitätssystem nach einem mehrstufigen System bewertet. Hierbei achten die Prüfer vor allem darauf, die konkrete Tätigkeit in der Pflegeeinrichtung zu betrachten. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die Umsetzung des internen Qualitätsmanagements im Pflegeheim.
Das neue wissenschaftlich fundierte Qualitätssystem verfolgt das Ziel, individuell zu eruieren, wie gut pflegebedürftige Menschen im Pflegeheim versorgt werden. Es achtet darauf, wie besondere Bedürfnisse im Pflegealltag berücksichtigt werden können. Statt einer allgemeinen Betrachtungsweise erarbeiten sich die Prüfer Hintergrundwissen und befragen zufällig ausgewählte Patienten standardisiert. Im Mittelpunkt jeder Prüfung steht die Frage: “Wie effizient können Einrichtungen aufgrund ihrer Struktur und ihres Qualitätsmanagements auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen eingehen?”
Durch Individualität und Transparenz soll sichergestellt werden, dass sich Angehörige und Pflegebedürftige aufgrund nachweisbarer Fakten einen Eindruck von der Pflegequalität verschaffen können.
Durch die fortlaufende Datenabfrage in den Pflegeheimen entsteht mit der Zeit ein konsolidiertes Bild von der Qualität der Pflege in Pflegeeinrichtungen. Dieses kann jederzeit im Webportal der Pflegekassen eingesehen werden. Durch dieses Vorgehen wird, anders als bei den bisherigen Pflegenoten, sichergestellt, dass Pflegeheime, die Qualitätskriterien beachten, für ihr Engagement ausgezeichnet werden. Gleichzeitig werden nachlässige Heime auf Mängel und Defizite aufmerksam gemacht.
Da es sich beim novellierten Pflege TÜV um ein brandneues System der Qualitätsprüfung handelt, müssen Ungereimtheiten in der Startphase einkalkuliert werden. Im Vergleich zum Vorgänger ist der neue diversifizierte Pflege TÜV besser geeignet,
- Verbraucher über die Qualität der Pflege und die Versorgung in Pflegeheimen zu informieren.
- Die Pflegequalität in deutschen Pflegeeinrichtungen zu verbessern.
Wie eine Bewertung der externen Prüfung vorgenommen wird
Die Prüfer des PKV-Prüfdienstes fokussieren sich darauf, die individuellen Bedürfnisse und die Versorgungssituation der Pflegebedürftigen aufzunehmen. Statt einzelne Prüfkriterien anzusehen, besteht der neue Ansatz darin, anhand von Leitfragen die Qualität der Versorgung umfassend zu bewerten. Hierfür werden in einer Stichprobenauswahl 9 Bewohner einer Pflegeeinrichtung spezifisch zu ihrem gesundheitlichen Status und zur allgemeinen Lebenssituation befragt. Plausibilitätsfragen stellen eine sach- und fachgerechte Ergebnisfindung sicher. Eine Untersuchung der medizinischen Versorgung und des Pflegezustandes vermittelt ein Gesamtbild über die zufällig ausgewählten Pflegebedürftigen.
Umrahmt werden die Befragungen von Fachgesprächen mit den verantwortlichen Pflegekräften. Strukturierte einheitliche Prüfbögen garantieren, dass Prüfer keine Gefälligkeitsgutachten erstellen und dass jede Pflegeeinrichtung in identischer Weise befragt und beurteilt wird. Durch die neuartige Qualitätsprüfung des Pflege TÜV soll die gemeinsame Verantwortung für die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen gestärkt werden.
Ähnlich wie die Räder eines Zahnrades ineinandergreifen, sollen die Ergebnisse der internen und externen Qualitätsprüfung höchstmögliche Qualität in der Pflege sicherstellen. Neben der Prüffunktion haben die Prüfinstitutionen die Aufgabe, beratend tätig zu werden. Dies bedeutet, dass Fehlerquellen aufgedeckt und von den Prüfern lösungsorientiert kommuniziert werden können.
Vor dem Hintergrund, dass die meisten Prüfer des MDK und des PKV-Prüfdienstes persönlich viele Jahre im Pflegebereich tätig waren, können sie praxisorientierte, spezialisierte Vorschläge unterbreiten. Diese können umgehend helfen, Schwachstellen abzustellen und die Qualität in Heimen zu erhöhen. Statt einer Konzentration auf Fehler und Versäumnisse soll der neue Pflege TÜV die Versorgung pflegebedürftiger Patienten schnell und effizient verbessern.
Inspektoren des Medizinischen Dienstes oder des PKV-Prüfdienstes bewerten nach intensiver Auswertung aller Interviews und der gesamten Supervision das Pflegeheim nach der folgenden Systematik:
- Keine Auffälligkeiten.
- Auffälligkeiten, die keine Risiken oder negativen Folgen für die versorgte Person erwarten lassen.
- Defizit mit Risiko negativer Folgen für die versorgte Person.
- Defizit mit eingetretenen negativen Folgen für die versorgte Person.
Ziel der Politik und der Pflegekassen ist eine Bewertung jeder Pflegeeinrichtung nach den neuen Kriterien der Qualitätsprüfung und Qualitätssicherung bis 30.06.2020. Mit der Veröffentlichung der ersten Ergebnisse kann ab Frühjahr 2020 gerechnet werden. Die ersten Prüfungen nach der neuen Methodik beginnen zum 01. November 2019.
4. Wie wird die Aufbereitung und Veröffentlichung der Ergebnisse der Qualitätsprüfung vollzogen
Die Pflegekassen sind im letzten Schritt dafür zuständig, die Ergebnisse der Gesamtbefragung eines Pflegeheimes aufzubereiten und zu veröffentlichen. Sie fassen:
- Die Ergebnisse der Qualitätsindikatoren und
- das Ergebnis der externen Prüfung zusammen.
Gemeinsam mit den 60 qualitätsrelevanten Punkten, die Auskunft über die
- geographische Lage,
- die individuelle Versorgung in der Einrichtung sowie
- weitere Spezifikationen der Pflegeeinrichtung geben,
entsteht aus einem Puzzle an Einzelbetrachtungen ein zusammenhängendes Bild. Dieses Ergebnis kann auf den Internetpräsenzen der Pflegekassen in einer schriftlichen Qualitätsdarstellung eingesehen werden. Der § 115 SGB XI erklärt darüber hinaus in einer Qualitätsdarstellungsvereinbarung, wie die Endergebnisse des novellierten Pflege TÜV veröffentlich werden. Im Gesetzestext wird dargelegt:
„Die Landesverbände der Pflegekassen stellen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen:
verständlich,
übersichtlich und
vergleichbarsowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. […] Die Vereinbarungen umfassen auch die Form der Darstellung einschließlich einer Bewertungssystematik (Qualitätsdarstellungsvereinbarungen). Bei Anlassprüfungen […] bilden die Prüfergebnisse aller in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen die Grundlage für die Bewertung und Darstellung der Qualität. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren. Ergebnisse von Wiederholungsprüfungen sind zeitnah zu berücksichtigen.”
Ab Frühjahr 2020 ist vorgesehen, die Ergebnisse der Qualitätsprüfung sowohl
- in einem analogen Standarddokument,
- digital in Internetformularen mit Suchfunktion sowie
- in individuell gestaltbaren Dokumenten zu veröffentlichen.
Darüber hinaus soll es möglich sein, eine kontinuierliche Fortschrittsentwicklung der Pflegeeinrichtungen im Internet einzusehen. Gleichzeitig können weiterhin wie bisher mehrere Einrichtungen miteinander verglichen werden.
Fazit: Wie können Pflegebedürftige und Angehörige ausgezeichnete Pflegeheime erkennen?
Der Pflege TÜV ist ein sinnvolles und probates Instrument für Angehörige und Pflegebedürftige, die basierend auf den individuellen Bedürfnissen das bestmögliche Pflegeheim suchen. Neben dem Angebot des Verbandes der deutschen Ersatzkassen (VDEK), der auf seiner Internetpräsenz eine umfangreiche Auflistung von regionalen Pflegeheimen anbietet, werden die Angaben der Pflegekassen eine wesentliche Informationsquelle sein, um ausgezeichnete Pflegeeinrichtungen zu finden. Durch die Abfrage der qualitätsrelevanten Punkte haben Pflegeheime darüber hinaus die Möglichkeit, sich und ihre Leistungen öffentlich im Internet darzustellen. Entscheidend hierbei ist, dass statt nicht nachvollziehbarer Pflegenoten klare Qualitätskriterien in die Bewertungen des novellierten Pflege TÜV einbezogen werden.
Durch die Verzahnung von regelmäßigen persönlichen Befragungen von Heimbewohnern und fortlaufender Informationsermittlung werden Defizite und Mängel in Pflegeheimen schneller sichtbar. Bewohner profitieren von der veränderten externen Prüfung des MDK und des PKV-Prüfdienstes, die beide neben ihrer Kontrollfunktion ebenfalls eine Beratungsfunktion innehaben. Auf diese Weise kann die Pflegequalität und Versorgung in Heimen gesteigert werden. Durch die Einbindung der Pflegekräfte in das Prüfverfahren wird deren Belastung im Pflegebereich sichtbar und öffentlich.
Mängel im Personalschlüssel können auf diese Weise schneller, transparenter und effektiver dargestellt werden. Selbst wenn durch diese Art der Transparenz der spürbare Personalnotstand in Deutschen Pflegeheimen nicht umgehend beseitigt wird, kann die öffentliche Darstellung dazu beitragen, das Problem öffentlichkeitswirksam zu diskutieren. Eugen Brysch, Vorsitzender der Deutschen Stiftung für Patientenschutz, stellte im ZDF-Morgenmagazin vom 20.06.2019 zu diesem Thema klar:
“Wir können nicht würdig pflegen, wenn wir nicht auch würdewahrende Arbeitsplätze haben.”
Ziel aller Reformen im Pflegebereich ist die individuelle und professionelle Pflege von Menschen in deutschen Pflegeheimen. Durch die unterschiedlichen Gesetze und die Novellierung des Pflege TÜV können Angehörige und Pflegebedürftige noch faktenorientierter entscheiden, welches Alten- und Pflegeheim den eigenen Bedürfnissen entspricht und finanzierbar ist. Dies führt am Ende dazu, dass mehr Senioren bis ins hohe Alter mit einer professionellen und qualitativ hochwertigen Pflegequalität selbstbestimmt und würdevoll leben können.