Recht in der Pflege – Wichtige Rechtsfragen im Pflegebereich

Ein Pfleger in einem blauen Kittel hält zwei Puzzleteile in die Kamera, die eine Wage und einen Haken zeigen.
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Inhaltsverzeichnis

Immer mehr Menschen benötigen in Deutschland Pflege und Betreuung. Das stellt gewaltige Anforderungen an pflegende Angehörige und alle in der Pflege Beschäftigten. Bei allen Aspekten der Pflege und Betreuung gilt es – im turbulenten Pflegealltag – rechtliche Regelungen zu beachten.

Es nicht leicht, sich im Paragraphen-Dschungel rund um die Rechtsfragen in der Pflege zu orientieren. Das Thema „Recht” bzw. „Rechtsfragen in der Pflege“ ist komplex.

Aus diesem Grund finden Sie im Folgenden die wichtigsten Rechtsfragen rund um Pflegegesetze und Pflegereformen, die für Pflegende relevant sind.

Rechtliche Grundlage: Krankenversicherung und Pflegeversicherung

Beim Thema „Recht in der Pflege“ bildet die wichtigste Grundlage für alle Pflegebedürftigen und Pflegenden die in Deutschland geltende Versicherungspflicht. Niemand darf in Deutschland ohne Krankenversicherung oder Pflegeversicherung sein.

Es gilt der Grundsatz: Pflegeversicherung folgt Krankenversicherung. Wer nach SGB V gesetzlich krankenversichert ist, ist automatisch gesetzlich pflegeversichert (Pflegepflichtversicherung). Die gesetzliche Grundlage der Pflegeversicherung ist im 11. Buch des Sozialgesetzbuch (SGB XI) verankert.

Personen, die in der privaten Krankenversicherung Mitglied sind, sind automatisch in der privaten Pflegeversicherung versichert.

Pflegekassen: Träger der Pflegeversicherung

Träger der Pflegeversicherung sind die Pflegekassen (§§ 1 III, 46 I SGB XI). Pflegekassen bedienen sich zur Ausführung ihrer Aufgaben bei dem Personal der Krankenkasse, der sie angehören. Pflegekassen organisieren sich eigenständig. Es gilt der Grundsatz der Selbstverwaltung (§ 46 II SGB XI).

Die gesetzlichen Aufgaben der Pflegekassen ergeben sich aus § 12 des Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI).

Wer hat Anspruch auf Pflegeleistungen

Wer nach SGB XI pflegebedürftig ist, hat einen Anspruch auf Pflegeleistungen der Pflegeversicherung.

Seit Einführung des Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) können folgende Personen Pflegeleistungen in Anspruch nehmen:

  • Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung.
  • Menschen mit psychischer Beeinträchtigung.
  • Demenzkranke Menschen oder Menschen mit Depressionen.

Als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Pflegeleistungen gelten:

  • Die Einstufung in den Pflegegrad (ehem. Pflegestufe) 1-5.
  • Der Unterstützungsbedarf besteht dauerhaft, d. h. an mind. sechs Monaten pro Kalenderjahr.

Sozialrecht: Sozialleistungen für Pflegebedürftige

Das Sozialrecht stellt für die Pflege einen wichtigen Bestandteil dar.

Das Sozialrecht umfasst vor allem die Aspekte der finanziellen Unterstützung. Im zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) werden Sozialleistungen, wie die „Hilfe zur Pflege“ geregelt (§ 61 SGB XII). Auf dieser gesetzlichen Grundlage lassen sich Sozialleistungen beantragen, wenn Pflegebedürftige und pflegende Angehörige nicht für die Kosten der Pflege aufkommen können. 

Weitere wichtige Aspekte des Sozialrechts sind die Durchführung und Qualität der Pflege.

Arbeitsrecht und Pflege

Das Arbeitsrecht richtet sich an Arbeitgeber und ergänzt die Rechte und Pflichten von Pflegenden.

In der Praxis lassen die knappen Personalressourcen in Pflegeeinrichtungen und bei ambulanten Pflegediensten Arbeitgebern wenig Spielraum bei Ausfällen. Kurzfristig muss für Ersatz gesorgt werden. In diesem Zuge ist dem Arbeitsrecht Aufmerksamkeit zu schenken.

Wichtige Aspekte des Arbeitsrechts umfassen unter anderem:

die Regelung von Arbeitszeiten, Pausenzeiten und Ruhezeiten,
die Einhaltung des Mutterschutzgesetzes,
der Umgang mit Krankmeldungen,
die Erstellung von Dienstplänen,
etc.

Neben dem Sozialrecht, Pflegerecht und Arbeitsrecht gelten in Deutschland zahlreiche weitere Gesetze, die sich auf die Pflege auswirken. 

Dazu zählen:

  • Das Strafgesetzbuch (STGB),
  • das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB),
  • das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG),
  • das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG),
  • das Infektionsschutzgesetz (IfSG),
  • das Bundesdeutsches Heimgesetz (HeimG).

Recht in der Pflege: Was ist die Pflege-Charta?

Neben den gesetzlichen Regelungen existiert eine Charta der Rechte für hilfe- und pflegebedürftige Menschen, kurz „Pflege-Charta“. Der Hintergrund: Menschen, die auf Hilfe und Pflege angewiesen sind, dürfen in keiner Lebenssituation benachteiligt werden. Der Schutz der Würde steht im Vordergrund, da pflegebedürftige Personen sich nicht eigenständig vertreten können.

Die von Vertretern aus der Pflege und Selbsthilfe erarbeitete Charta stellt eine Richtschnur für alle Personen dar, die Pflege und Betreuung ausführen. Sie appelliert an alle Pflege-Beteiligten, die notwendigen Rahmenbedingungen zur Umsetzung der Rechte zu gewährleisten.

Die Pflege-Charta umfasst insgesamt acht Artikel.

1. Hilfe zur Selbsthilfe und Selbstbestimmung

Jeder, der auf Hilfe und Pflege angewiesen ist, hat das Recht auf entsprechende Unterstützung sowie auf Hilfe zur Selbsthilfe. Das Ziel: So lange wie möglich ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Bei allen Maßnahmen der Pflege und Betreuung sowie der gewählten Wohnsituation muss zu jeder Zeit der Wille des Pflegebedürftigen berücksichtigt werden. Das gilt ebenso wenn derjenige nicht in der Lage ist, dies mündlich auszudrücken.

Die Wahl der Inanspruchnahme von Pflege und Betreuungsleistungen und Anbietern ist ebenso zu respektieren, wie die gewünschte Lebensweise.

Pflege und Betreuung müssen dermaßen gestaltet sein, dass vorhandene Fähigkeiten gefördert werden. Sie müssen dermaßen gestaltet sein, dass sie das Wohlbefinden sowie die Lebensqualität verbessern und erhalten.

Die Bestimmung von finanziellen, behördlichen oder rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten ist so auszuführen, dass sie den Interessen des Pflegebedürftigen entsprechen.

Die genannten Aspekte gelten unter Berücksichtigung von gegebenenfalls vorhandenen Vollmachten und Verfügungen.

2. Anspruch auf körperliche und seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit

Hilfe- und pflegebedürftige Menschen sind vor Gefahren für Leib und Seele zu schützen. Das beinhaltet

  • Schutz vor Gewalt,
  • Schutz vor Vernachlässigung,
  • Schutz vor unsachgemäßer Pflege und Behandlung,
  • Schutz vor freiheitseinschränkenden Maßnahmen und
  • Hilfe gegen Gewalt.

3. Anspruch auf Privatheit

Wer hilfe- und pflegebedürftig ist, hat ein Recht auf den Schutz der Privat- und Intimsphäre.

Dazu gehören:

  • Die Beachtung des Privatbereichs.
  • Zur Verfügung stellen von Rückzugsmöglichkeiten.
  • Möglichkeit, private Gegenstände und Möbel in eine stationäre Einrichtung mitzubringen.
  • Die Beachtung des Schamgefühls.
  • Die Wahrung des Briefgeheimnisses.
  • Der Schutz der persönlichen Daten.

Die Wahrung der Privat- und Intimsphäre kann, abhängig von Unterstützungsbedarf und Pflegegrad, nicht zu jedem Zeitpunkt in vollem Umfang gewährleistet werden. Das übergeordnete Ziel besteht darin, die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten.

4. Anspruch auf Pflege, Betreuung und Behandlung

Jeder Hilfe- und Pflegebedürftige hat ein Recht auf individuelle und gesundheitsfördernde Pflege, Betreuung und Behandlung.

Die Pflege und Betreuung müssen:

  • Individuell gestaltet sein, d.h. sie orientieren sich an den jeweiligen Bedürfnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten.
  • Geplant sein, d.h. die Pflege und Betreuung wird mit der pflegebedürftigen Person abgestimmt, sie erfolgt zielgerichtet und geplant. Ziele und Maßnahmen werden ordnungsgemäß dokumentiert.
  • Aktivierend sein, d.h. sie unterstützt und fördert vorhandene Fähigkeiten, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
  • Beschwerden fachgerecht lindern, d.h. es besteht ein Recht auf fachkompetente Behandlung und bestmögliche Linderung vorhandener Beschwerden. Hierzu zählen fachärztliche Versorgung sowie entsprechende Therapien.
  • Kommunikativ und kooperativ sein, d.h. alle an der Pflege und Betreuung Beteiligten stimmen sich eng aufeinander ab.
  • Bedürfnisgerechte Ernährung einschließen, d.h. Speisen werden altersgerecht und gesundheitsförderlich angeboten. Mahlzeiten müssen Krankheiten (zum Beispiel Diabetes), Unverträglichkeiten und ethische Hintergründe berücksichtigen.
  • Auf Beschwerden reagieren, d.h. alle an der Pflege Beteiligten gehen einfühlsam mit Beschwerden, Kritik und Wünschen um und behandeln diese vertraulich.
  • In Zusammenarbeit mit Angehörigen erfolgen, d.h. nahestehende Personen werden einbezogen und informiert.

5. Anspruch auf Information, Beratung und Aufklärung

Dieser Artikel beschreibt das Recht auf umfassende Informationen, Angebote und Möglichkeiten rund um die Pflege, Betreuung und Behandlung.

Dazu gehören:

  • Umfassende und individuelle Beratungen und Aufklärungen über die zur Verfügung stehenden Optionen.
  • Die freie Wahl des Beraters.
  • Die kompetente Anleitung pflegender Angehöriger.
  • Transparenz im Hinblick auf zu erwartende Kosten und Leistungen.
  • Pflegerische und medizinische Aufklärung über zu ergreifende Maßnahmen.
  • Die Einsicht in medizinische und pflegerelevante Dokumente.

6. Anspruch auf Kommunkation, Wertschätzung und Teilhabe an der Gemeinschaft

Artikel 6 der Pflege-Charta beinhaltet das Recht auf den Austausch mit anderen Menschen sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

In diesem Zusammenhang sind die folgenden Aspekte von Bedeutung:

  • Ein respektvoller Umgang mit der hilfe- und pflegebedürftigen Person.
  • Die Beachtung von Bedürfnissen und Erfordernissen zur Verständigung, ggf. mit Hilfsmitteln.
  • Die Förderung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
  • Das Mitspracherecht in Einrichtungen der Pflege.
  • Die Beteiligung an allgemeinen politischen Wahlen.

7. Anspruch auf Rücksicht der Religion, Kultur und Weltanschauung

Jeder pflegebedürftige Mensch hat das Recht entsprechend seiner Religion, Kultur oder Weltanschauung zu leben und in der Ausübung unterstützt zu werden. Hierzu zählen die kultursensible Pflege, Betreuung und Behandlung.

8. Anspruch auf palliative Begleitung, Sterben und Tod

Jeder Mensch hat das Recht, angemessen in den Tod begleitet zu werden und würdevoll zu sterben.

Das umfasst:

  • Die individuelle Sterbebegleitung.
  • Die Unterstützung von Angehörigen.
  • Die Selbstbestimmung am Lebensende.
  • Der Respekt gegenüber Verstorbenen.

Pflege und Betreuung – Rechtliche Unterscheidung der Begrifflichkeiten

Die Verwendung der Begriffe „Pflege“ und „Betreuung“ erfolgt im Alltag synonym. Beide Begriffe meinen das “Kümmern” um eine hilfe- und pflegebedürftige Person.

Aus rechtlicher Sicht müssen die Begriffe zwingend voneinander abgegrenzt werden.

Kann eine Person nicht mehr eigenständig entscheiden, zum Beispiel aufgrund von psychischen Beeinträchtigungen, wird ein rechtlicher Betreuer zur Seite gestellt. Dieser kann in finanziellen Angelegenheiten und bei Entscheidungen bezüglich der Wohnsituation oder der Wahl eines ambulanten Pflegedienstes rechtlich unterstützen. Der rechtliche Betreuer ist für alles Organisatorische zuständig, um die bestmögliche Versorgung der pflegebedürftigen Person zu gewährleisten.

Die praktische Umsetzung von bewilligten Leistungen zählt rechtlich zum Aufgabenbereich der Pflege.

Damit Betreuer, Pflegedienst, Pflegepersonen und Angehörige im Sinne des entscheidungsunfähigen Pflegebedürftigen handeln können und dürfen, stehen zwei wichtige Rechtsinstrumente zur Verfügung:

  1. Die Patientenverfügung.
  2. Die Vorsorgevollmacht.

Recht in der Pflege: Die Patientenverfügung

Tritt ein Pflegefall in der Familie ein, werden Kinder und Lebenspartner mit vielen wichtigen Fragestellungen und zu treffenden Entscheidungen konfrontiert.

Mittels einer Patientenverfügung lässt sich vor Eintritt des Ernstfalls festlegen welche medizinischen Maßnahmen ergriffen werden, wenn man nicht mehr entscheidungsfähig ist.

Die Patientenverfügung stellt eine Willenserklärung der pflegebedürftigen Person dar. Eine Patientenverfügung kann von jeder einwilligungsfähigen volljährigen Person verfasst und jederzeit widerrufen werden.

Tritt die in der Patientenverfügung definierte Behandlungs- oder Lebenssituation ein, sind Ärzte, Vertreter, Betreuer und Bevollmächtigte hieran gebunden.

Recht in der Pflege: Die Vorsorgevollmacht

Die Vorsorgevollmacht erteilt einer Person die Befugnis, einzelne oder sämtliche Angelegenheiten für eine entscheidungsunfähige Person wahrzunehmen.

Der Bevollmächtigte sollte vor Ernennung im Voraus informiert werden, damit die individuellen Wünsche im Rahmen der Vorsorgevollmacht besprochen werden können.

Die Vorsorgevollmacht ist wirksam, wenn der Bevollmächtigte das Original besitzt und vorzeigen kann.

Wichtig zu wissen: Ehepartner und Kinder sind nicht automatisch bevollmächtigt. Sie müssen im Rahmen einer Vorsorgevollmacht ernannt werden.

Pflege und Beruf vereinbaren: Regelungen für pflegende Angehörige

Entscheiden sich Angehörige für die Pflege eines Familienmitglieds, greifen verschiedene rechtliche Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Im Rahmen der Pflegezeit oder Familienpflegezeit besteht Anspruch auf komplette oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung.

PflegezeitEine Freistellung von der Arbeitsstelle kann für bis zu 6 Monate erfolgen. Entweder in Form einer Arbeitszeitreduzierung oder vollständig. Auf diese Weise lässt sich die berufliche Tätigkeit am individuellen Pflegebedarf ausrichten. Der Anspruch auf eine Freistellung von 6 Monaten besteht bei Arbeitgebern mit mehr als 15 Beschäftigten.



Damit Familienmitglieder im letzten Lebensabschnitt für ihren Angehörigen da sein können, sieht das Pflegezeitgesetz eine Freistellung von 3 Monaten vor. Diese kann vollständig oder teilweise erfolgen.

Die Begleitung muss nicht zwingend zu Hause, sondern kann ebenso im Rahmen eins Hospizes erfolgen. Der Anspruch auf diese drei Monate gilt ebenfalls bei Arbeitgebern mit mehr als 15 Beschäftigten.
FamilienpflegezeitDas Gesetz zur Familienpflegezeit sieht eine Pflegezeit von maximal 24 Monaten vor. Es muss eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 15 Stunden erreicht werden.

Datenschutz in der Pflege: Allgemeine datenschutzrechtliche Regelungen

Das Thema „Datenschutz“ ist von großer Bedeutung. Der Datenschutz dient dazu, vor Datenmissbrauch zu schützen.

Die allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen richten sich danach, welcher Träger die Pflegeeinrichtung betreibt bzw. wie diese rechtlich aufgestellt ist:

Öffentlich-rechtlicher Träger Bei einem öffentlich-rechtlichen Träger (zum Beispiel Stadt, Gemeinde, Landkreis) gilt die EU Datenschutz-Grundverordnung. Hinzu kommen die Ergänzungen durch das baden-württembergische Landesdatenschutzgesetz.
Privat-rechtlicher TrägerIst der Träger privat-rechtlich (zum Beispiel im Fall einer GmbH), gilt die EU Datenschutz-Grundverordnung in Verbindung mit dem Bundesdatenschutzgesetz.
Kirchlicher bzw. diakonischer TrägerBei einem kirchlichen bzw. diakonischen Träger gilt für evangelische Einrichtungen das Kirchengesetz über den Datenschutz der evangelischen Kirche. Einrichtungen der katholischen Kirche stützen sich auf die Anordnung über den kirchlichen Datenschutz.

Zusätzlich zu den allgemeinen Datenschutzrichtlinien gelten für Pflegeeinrichtungen – unabhängig vom Träger – besondere Datenschutzgesetze.

Recht in der Pflege: Besondere Datenschutzgesetze

Werden Daten Pflegebedürftiger an die Pflege- oder Krankenkasse übermittelt, müssen zusätzlich Vorschriften zum Sozialdatenschutz beachtet werden:

Erbringt eine Pflegeeinrichtung für die Pflegekasse oder die Krankenkasse Leistungen, gelten besondere Richtlinien zur Verwendung der Daten.

Diese sind hier verankert:

Im Bereich Pflegeversicherung§§ 104 ff. des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI)
Im Bereich der Krankenversicherung§§ 294 ff. des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)

Darüber hinaus gelten die besonderen Regelungen des baden-württembergischen Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetzes. Das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz regelt die Mitteilungspflichten gegenüber Heimaufsichten, die Anonymisierung von Heimbegehungsberichten und die Aufbewahrung von Unterlagen.

Auf Bundesebene gilt zusätzlich das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz. Hier geht es um zivilrechtliche Fragen in Bezug auf Heim- und Pflegeverträge.

Eng mit dem Datenschutz verknüpft sind weitere rechtliche Aspekte. Dazu gehören unter anderem die ärztliche Schweigepflicht, das Telemediengesetz beim Betreiben einer Website und vieles mehr.

Aufbewahrungspflichten in der Pflege

Heutzutage sind viele Prozesse digitalisiert. Nichtsdestotrotz sammeln sich im Laufe der Jahre viele Dokumente an, die archiviert werden. Ist der Berg an Akten zu groß, wird es Zeit auszumisten. Wichtig ist, dass die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten berücksichtigt werden. Die gesetzlichen Vorgaben zur Aufbewahrungspflicht ergeben sich aus Datenschutz- und Heimgesetzen, dem Handels- und Steuerrecht.

  • Die Aufbewahrungspflichten sind nicht einheitlich geregelt. Sie liegen zwischen 3 und 30 Jahren.
  • Bei Pflegedokumentationen beträgt die Aufbewahrungspflicht beispielsweise 10 Jahre.
  • Im Falle eines Pflegefehlers kann noch bis zu 30 Jahre nach dessen Verursachung Klage erhoben werden. Wer sich absichern will hebt die Pflegedokumentationen auf, bis der Pflegebedürftige oder seine Angehörigen keine Schadensersatzansprüche mehr erheben können.

Fehlen Unterlagen oder weisen sie Lücken auf, kann das zur Umkehr der Beweislast führen. Das bedeutet konkret: Der Pflegebedürftige muss den Pflegefehler und daraus resultierende Schäden nicht mehr belegen. Dann ist die Einrichtung in der Beweislast – ohne entsprechende Dokumentation ist die ordnungsgemäße Aufklärung des Falls nicht mehr möglich.

Recht in der Pflege: Pflegefehler

Zu den häufigsten Rechtsfragen im Pflegebereich gehört der Pflegefehler. Dieser beschreibt ein Tun oder Unterlassen einer Pflegeperson im Zusammenhang mit der professionellen Pflege.

Ein Pflegefehler liegt vor, wenn

  • die Pflege nicht dem aktuellen Pflegestandard entspricht oder
  • die Pflege vom aktuellen Stand der Pflegewissenschaft negativ abweicht.

Pflegefehler führen in der Regel zu einer Schädigung der pflegebedürftigen Person. Zu den Pflegefehlern zählen zum Beispiel das Wundliegen (Dekubitus), Austrocknen oder Körperverletzungen.

In der beruflichen Praxis resultieren Pflegefehler aus Unachtsamkeit des Pflegepersonals, aus nicht ausreichend vorhandenen Qualifikationen sowie Personalmangel.

Das Vermeiden und Aufdecken von Pflegefehlern ist Bestandteil der professionellen Pflege.

Entstehen Pflegefehler vorsätzlich oder fahrlässig, hat das strafrechtliche oder zivilrechtliche Konsequenzen für die verursachende Person oder für den Verantwortlichen der Pflegeorganisation. Folgen können hohe Forderungen für Schadensersatz und Schmerzensgeld sein.

Abmahnungen in der Pflege

Wo gearbeitet wird, können Fehler passieren. Das gilt im Bereich der Pflege genauso wie in anderen Branchen.

Wenn es die Situation erfordert, gilt es ein Mitarbeitergespräch mit dem Pflegepersonal zu führen, um die Situation aufzuklären. Zeigt der Mitarbeiter keine Einsicht, kann das Fehlverhalten abgemahnt werden. Bei vorsätzlichem Fehlverhalten muss der Arbeitgeber das Pflegepersonal sanktionieren, um Bewohner und andere Mitarbeiter zu schützen.

Damit die Abmahnung rechtssicher ist, muss sie gewisse Anforderungen erfüllen. Unter anderem muss das Fehlverhalten

  • schriftlich oder mündlich konkret benannt werden,
  • Datum, Uhrzeit und Ort des Verstoßes beinhalten,
  • definieren, wogegen der Arbeitnehmer bei der Arbeit verstoßen hat (Dienstanweisung, Arbeitsvertrag, etc. / Erinnerung an vertragliche Pflichten) und
  • weitere Konsequenzen (zum Beispiel Kündigung) aufzeigen.

Delegation ärztlicher Leistungen

Die Delegation von ärztlichen Leistungen stellt einen weiteren wichtigen Aspekt im Pflegerecht dar. Hiervor haben Pflegekräfte großen Respekt – in der beruflichen Praxis gibt es zahlreiche Spitzfindigkeiten.

Hier ein gängier Fall aus der beruflichen Praxis:

Herr Müller, Bewohner des Pflegeheims, ist erkrankt. Die verantwortliche Pflegeperson, Frau Huber, ruft den behandelnden Hausarzt an. Dieser stellt per Telefon eine Ferndiagnose und gibt Anweisungen zur weiteren Behandlung. In diesem Fall stellt sich die Frage: Auf welcher rechtlichen Grundlage kann Frau Huber agieren, wenn die Durchführung der ärztlich angeordneten Maßnahmen nicht gerechtfertigt oder problematisch erscheinen?

Der Bundesgerichtshof gibt klar vor:

Wer eine Behandlung übernimmt, ist dafür verantwortlich, dass der Behandlungsstandard gewährleistet ist, auf den der Patient Anspruch hat.

Bundesgerichtshof

Die Pflegekraft sollte prüfen, ob:

  1. Die fünf Voraussetzungen zur Übernahme einer ärztlichen Tätigkeit erfüllt sind.
  2. Die Durchführungsverantwortung tatsächlich bei ihr liegt.
  3. Ob gegebenenfalls das sogenannte „Remonstrationsrecht“ greift.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Pflegekräfte die relevanten rechtlichen Hintergründe kennen, um entsprechend rechtssicher agieren zu können.

Pflegegesetze: Das Pflegestärkungsgesetz

Wer sich mit dem Thema „Recht in der Pflege“ beschäftigt, kommt um die Pflegestärkungsgesetze nicht herum.

Die deutschen Pflegestärkungsgesetze I bis III verbessern seit 2015 schrittweise die Situation von Pflegebedürftigen sowie allen an der Pflege Beteiligten. Sie dienen im Wesentlichen:

  • zur Neuausrichtung der Pflegeunterstützung,
  • zur Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und
  • zur Umsetzung eines neuen Begutachtungsverfahrens (= Neues Begutachtungsassessment, kurz „NBA“).

Im Zuge des Pflegestärkungsgesetz II wurden die Pflegestufen zu Pflegegraden. Die sechs Module, mit Hilfe derer Gutachter die Antragsteller in einen Pflegegrad einstufen, sind in § 14 SGB XI verankert.

Pflegegesetz: Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz

Eine weitere gesetzliche Vorgabe, die Einrichtungen beachten müssen, bezieht sich auf das Anfang 2019 beschlossene Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG).

Ab Herbst 2019 werden Pflegeeinrichtungen mittels eines neuen Verfahrens der Qualitätsprüfung unterzogen – das wurde im Zuge des PSG II beschlossen.



Während die bisherige Bewertung oftmals als „unrealistisch“ bezeichnet wurde, soll es ab sofort indikatorgestützte Qualitätsprüfungen geben. Im Rahmen des neuen Pflege-TÜV sollen Indikatoren wie Mängel in der Dokumentation oder Versorgung herangezogen werden. Darüber hinaus werden die Meinung von Pflegenden, Pflegebedürftigen, Angehörigen, Kostenträgern, Pflegekassen und Pflegeversicherungen sowie allen Leistungserbringern der Pflege einfließen.

Ziel ist es abzubilden, wie gut die Pflege in den Einrichtungen tatsächlich umgesetzt wird.

Des Weiteren zielt das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz darauf ab, Pflegepersonal zu stärken und gegen die Unterbesetzung vorzugehen.

Pflegende Angehörige profitieren ebenso vom Pflegepersonal-Stärkungsgesetz: Taxifahrten zum Arzt und die einfachere Inanspruchnahme von Rehabilitationen sind nur zwei von vielen positiven Aspekten des PpSG.

Rechtsfragen in der Pflege: Weiterbildung mittels Fernlehrgang

Die im Pflegealltag auftretenden Rechtsfragen sind vielfältig – und für Pflegekräfte schwer zu bewältigen. Darüber hinaus fehlen Hilfskräften die Fachausbildung und damit die rechtlichen Grundlagen. Im Pflegealltag kann es täglich passieren, dass eine zivilrechtliche oder strafrechtlich Haftung droht. Fakt ist: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Umso wichtiger ist es, dass sich alle an der Pflege Beteiligten intensiv mit den geltenden Gesetzen auseinandersetzen. Arbeitgeber legen wert darauf, dass ihr Personal in Rechtsfragen hervorragend geschult ist und übernehmen in vielen Fällen die Weiterbildungskosten.

Ein Fernlehrgang im Bereich „Pflegerecht“ stellt eine hervorragende Möglichkeit dar, um sich neben dem beruflichen Alltag das zusätzliche Rechtswissen anzueignen.

Zum Abschluss: Rechtliche Tipps für Pflegekräfte

Zusätzlich zur Aneignung von rechtlichem Wissen in einem Fernlehrgang gibt es weitere wichtige Aspekte, die im Pflege-Alltag zu berücksichtigen sind.

Wir empfehlen Pflegenden:

Aufmerksam die Dienstvorschriften und den Dienstvertrag zu studieren – und zwar nicht erst nach Abschluss.
Strikt die Anordnung von Vorgesetzten einzuhalten und ausschließlich das zu tun, wofür explizit eine Befugnis besteht.
Alle Tätigkeiten genauestens zu dokumentieren (=Pflegedokumentation). Dazu zählen z.B. Beobachtungen und Vorfälle bei pflegebedürftigen Personen. Aus rechtlicher Sicht gilt: „Was nicht dokumentiert ist, wurde nicht getan.“ Ein Pflegefehler kann schwerwiegende rechtliche Konsequenzen haben.
Die gesetzlichen Aufbewahrungszeiten von Dokumenten einzuhalten.
Die Schweigepflicht einzuhalten und auf das Thema Datenschutz besonderes Augenmerk zu legen.
Sich regelmäßig zum Thema „Pflegegesetz“ auf dem Laufenden zu halten. Über einen entsprechenden Fernlehrgang, Fachmagazine oder auf Pflegeportalen im Netz.

Fazit

Die Arbeit im Bereich der Pflege ist für Pflegekräfte und pflegende Angehörige im Alltag in jedem Fall eine Herausforderung. Neben der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, Interessen und Gesundheitslagen gilt es, bei Rechtsfragen zu jeder Zeit auf dem Laufenden zu sein.

Wer sich im Pflegerecht und mit den Gesetzen auskennt, kann sich entspannter und mit bestem Gewissen seiner täglichen Arbeit widmen.