Rückenprobleme bei Pflegenden: Alles über Ursachen und Gegenmaßnahmen

Pflegepersonal
pixabay © Geralt (CCO Creative Commons)
Inhaltsverzeichnis

Ob professionelle Pflegekraft oder Angehöriger – wer die Pflege eines Menschen übernimmt, ist in den meisten Fällen nicht nur seelisch, sondern auch körperlich enorm gefordert. Oft muss der Pflegende den Patienten stützen, heben oder umbetten. Nicht selten muss er längere Zeit in gebückter Haltung verharren, etwa wenn er sich über das Bett beugt oder Beine und Füße behandelt. Darunter leidet im Laufe der Zeit der Rücken. Damit Pflegepersonen nicht irgendwann selbst zum Pflegefall werden, sollten sie das Wichtigste zur Entstehung von Rückenproblemen wissen und wie sie diese bei der Pflege vermeiden können.

Warum leiden besonders Pflegepersonen oft unter Rückenproblemen?

Rückenschmerzen sind allgemein zu einer Volkskrankheit geworden. Dabei sind manche Personengruppen besonders stark betroffen, dazu gehören Pflegekräfte, aber auch Angehörige, die über viele Jahre hinweg die Pflege eines Familienmitglieds übernommen haben. Aber warum sind Menschen im Pflegebereich so häufig von Rückenproblemen geplagt?

Namhafte Krankenkassen, darunter die BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER, führen hierzu regelmäßig Umfragen und Untersuchungen durch. Diese haben gezeigt, dass zwei Drittel aller Pflegekräfte oft oder permanent unter Rückenbeschwerden leiden. Aufgrund dieser Probleme sind Betroffene im Durchschnitt 21 Tage pro Jahr arbeitsunfähig. Die Ursachen dieser Beschwerden sind vielfältig. Eine einseitige Belastung spielt ebenso eine Rolle wie mangelnde Ausgleichsbewegung, eine fehlerhafte Haltung, angeborene Wirbelsäulenerkrankungen oder die Gegebenheiten am Arbeitsplatz.

Hier wird in erster Linie zwischen folgenden Rückenbeschwerden unterschieden:

BandscheibenvorfallDie Bandscheiben befinden sich zwischen den Wirbeln und bestehen aus einem gallertartigen Kern, der von einer festen Knorpelfaser umhüllt wird. Abnutzungserscheinungen können dazu führen, dass die Bandscheiben rissig und spröde werden und an Beweglichkeit verlieren. Belastungssituationen, wie das Heben oder Umbetten eines Patienten, können dazu führen, dass der äußere Ring einer Bandscheibe reißt, wodurch diese aus dem Gallertkern heraustritt bzw. „vorfällt“.
IschiasschmerzDer Ischiasschmerz ist daran erkennbar, dass ein stechender Schmerz vom unteren Rücken ins Bein ausstrahlt. Der Ischiasnerv ist der längste Nerv unseres Körpers und verläuft vom Kreuzbein zum Gesäß und dann weiter über den Oberschenkel in den Fuß. Ursache für Ischiasschmerzen kann unter anderem ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule sein. Die vorgefallene Bandscheibe drückt auf den Nerv und verursacht dadurch Schmerzen.
HexenschussWenn beim Heben oder Bücken plötzlich ein stechender Schmerz im unteren Rücken wahrgenommen wird, kann es sich um einen Hexenschuss handeln. Auslöser des heftigen Schmerzes sind meistens Verschleißerscheinungen oder Muskelverspannungen. Der Unterschied zwischen Ischiasschmerz und Hexenschuss ist, dass der Hexenschuss sich auf den unteren Rücken konzentriert und nicht ausstrahlt.
WirbelgelenkarthroseDie Wirbelgelenkarthrose ist eine fortschreitende Erkrankung, bei der es zu einer Abnutzung der Gelenkfortsätze der Wirbel kommt. Eine andere Bezeichnung für diese Erkrankung ist das Facettensyndrom, da die Gelenkfortsätze auch als Facetten bezeichnet werden. Die Symptome sind unterschiedlich – während die Wirbelgelenkarthrose bei einigen Patienten zu starken Schmerzen führt, bleibt sie bei anderen gänzlich unbemerkt.
WirbelgleitenWerden Wirbel im unteren Rückenbereich gegeneinander verschoben, kann dies ebenfalls Rückenschmerzen auslösen. Hier ist die Rede von Wirbelgleiten oder auch Spondylolisthesis. Drücken die verschobenen Wirbel auf Nerven, führt dies zu Schmerzen. Diese Rückenerkrankung ist oft eine Folge von Verschleiß, kann aber auch angeboren sein.

Weitere Ursachen für Rückenprobleme können unter anderem sein:

Angeborene oder degenerative Rückenkrankheiten wie Skoliose, Morbus Scheuermann oder Morbus Bechterew
Verletzungen 
Durchgelegene Matratzen
Fehlen von ergonomischen Sitzmöbeln
Unpassendes Schuhwerk oder
Falsch eingestellte Autositze

Allerdings sind es nicht immer körperliche Ursachen, die zu Rückenproblemen führen. Gerade bei Pflegepersonen ist der Grund für die Beschwerden oft die seelische Belastung, die mit der Pflegesituation verbunden ist. Gezielte Maßnahmen tragen dazu bei, den Rücken maximal zu schützen und Rückenbeschwerden vorzubeugen.

Wie können Pflegepersonen Rückenbeschwerden verhindern und bekämpfen?

Viele Pflegepersonen neigen dazu, ihren Körper über dessen Belastungsgrenzen hinaus zu beanspruchen und die eigene Gesundheit hintanzustellen. Gehen Sie daher immer achtsam mit sich selbst um, schonen Sie Ihre Reserven und arbeiten Sie stets so, dass Ihr Rücken, aber auch die anderen Bereiche des Skeletts geschützt werden. Mit den richtigen Hilfsmitteln und Techniken können Sie viel dafür tun, Knochen und Gelenke nicht über Gebühr zu strapazieren. Und warten Sie nicht, bis die ersten Beschwerden auftreten, sondern schonen und stärken Sie Ihren Rücken, sobald Sie mit der Pflegetätigkeit beginnen.

Achten Sie stets auf Folgendes:

  • Halten Sie den Rücken immer gerade.
  • Achten Sie auf die richtige Stellung der Füße.
  • Vermeiden Sie eine einseitige Belastung.
  • Achten Sie stets auf eine ruhige, regelmäßige Atmung.
  • Spannen Sie bei starken Belastungen Bauch- und Rückenmuskeln an.
  • Nutzen Sie nach Möglichkeit Hilfsmittel wie einen Rollstuhl, Wannenlift oder Rollator, um den Patienten zu bewegen.
  • Bringen Sie das Pflegebett in eine möglichst hohe Position, damit Sie sich nicht zu weit nach unten beugen müssen.
  • Verteilen Sie das Heben von Lasten möglichst auf mehrere Personen.
  • Müssen Sie schwere Lasten einen längeren Weg tragen, öffnen Sie vorher sämtliche Türen, um ein häufiges Absetzen und Wiederaufnehmen der Last zu vermeiden.
  • Tragen Sie schwere Lasten möglichst nah am Körper.

Die richtige Position

Ein rückenfreundliches Arbeiten beginnt mit der richtigen Ausgangsposition. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihre Füße immer in eine leichte Grätschstellung bringen, bevor Sie Pflegehandlungen wie Anheben, Aufrichten oder Umbetten des Patienten beginnen. Die Füße sollten dabei etwa auf Höhe der Hüfte stehen, so wird der Rücken bestmöglich entlastet. Befinden Sie sich am Pflegebett des Patienten, stützen Sie sich mit dem Knie am Bettgestell ab.

Muss das Körpergewicht verlagert werden, können Sie eine zusätzliche Belastung der Wirbelsäule durch Vergrößerung der Standfläche ausgleichen. Dies geschieht z. B. beim Höherlegen durch ein weiteres Grätschen der Füße entweder zur Seite oder nach vorn.

Immer in Bewegung bleiben

Wer rastet, der rostet, heißt es so schön. Dies gilt selbstverständlich auch für Pflegepersonen. Das Beste, das Sie Ihrem Rücken tun können, ist, ständig in Bewegung zu bleiben. Hier empfiehlt sich am besten ein ganzheitliches Konzept, bei dem folgende Punkte beachtet werden sollten:

Der Alltag sollte rückenfreundlich gestaltet werden.
Fehlbelastungen sollten vermieden werden.
Die Muskeln sollten regelmäßig gedehnt und gekräftigt werden.
Stress und psychische Belastungen sind nach Möglichkeit zu vermeiden.

Viele Krankenkassen bieten hier spezielle Übungsprogramme an. Rückenübungen lassen sich allerdings auch in sehr viele Alltagssituationen integrieren. So sollten kürzere Wege statt mit dem Auto lieber zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Auch ist es ratsam, statt des Fahrstuhls öfter die Treppe zu nehmen oder Öffis eine Station früher zu verlassen. Körperliche Aktivitäten stärken nicht nur den Rücken, sondern auch das Immunsystem und tragen zum allgemeinen Wohlbefinden bei.