„Dringend! Altenpfleger mit 4.000 Euro Gehalt plus Firmenwagen“ – so oder ähnlich lauten Stellenanzeigen, in denen gut ausgebildetes Fachpersonal aus der Pflege für pflegebedürftige Menschen gesucht werden: Der Pflegemarkt ist heiß umkämpft. Häufig werden aus dem Bereich der Pflege Mitarbeitern wie Krankenpflegern, Altenpflegern oder Intensivpflegern besondere Vergünstigungen in Zusammenhang mit dem Gehalt eingeräumt, um sie für das Unternehmen zu gewinnen oder sie im Betrieb zu halten. In diesem Zusammenhang ist ein Dienstwagen für die Arbeit, aber auch zur privaten Nutzung zunächst eine attraktive Sache. Insbesondere Mitarbeiter mit Führungserfahrung und vielfältigen Aufgaben wie z.B. die Pflegedienstleitung eines Unternehmens, kommen häufig in den Genuss eines firmeneigenen Fahrzeugs, das gleichzeitig für den Privatgebrauch zur Verfügung steht. Sie dürfen das Fahrzeug auch nutzen, wenn sie nicht arbeiten – und zwar jederzeit.
Dienstwagen kann ein attraktiver Entlohnungsbestandteil sein
Das ist oft nicht nur in einer karitativen Einrichtung so oder in großen Unternehmen: Auch ambulante Pflegedienste verstehen die Regelung, einen Firmenwagen für die PDL nicht nur für den Dienst bereitzustellen, häufig als Entlohnungsbestandteil, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen. Das gilt nicht nur für Geschäftsführer oder die PDL, sondern auch für deren Stellvertretung oder andere, langjährige Mitarbeiter. Obwohl die PDL einen Großteil ihres Arbeitsalltags im Büro beschäftigt ist, fallen trotzdem Fahrten an: Besuche bei Patienten und deren Angehörigen (z.B. in der Intensivpflege) und das nicht nur in der Stadtmitte, sondern auch in der Peripherie. Auch Vorab-Besuche bei möglichen Kunden oder die Teilnahme von Fort- und Weiterbildungen kommen für die Pflegedienstleitung in Frage. Gerade für diese müssen meistens längere Anfahrtswege in Kauf genommen werden
Bei der Anschaffung den geldwerten Vorteil bedenken
Die Anschaffung eines Firmenwagens für die PDL bedeutet auf den ersten Blick zunächst mehr Kosten für den Betrieb. Das muss jedoch nicht sein. Mit einem Dienstwagen als Alternative zu einer Erhöhung beim Gehalt sind unter Umständen sogar Gehaltskosten einzusparen.
Diese finanziellen Vorteile kann ein Dienstwagen unter bestimmten Bedingungen bieten:
- Einsparung von Steuern
- Einsparung von Lohnnebenkosten
- Einsparungsmöglichkeiten bei der Lohnsteuer und den Sozialabgaben für den Mitarbeiter
Allerdings ist wichtig, dass das Fahrzeug nicht zu kostenaufwendig bei der Anschaffung ist, weil der geldwerte Vorteil, der durch das Dienstwagenmodell für den Privatgebrauch erreicht wird, nicht mehr greift.
Geldwerter Vorteil beim Dienstwagen
Durch die Bereitstellung eines Dienstwagens, der auch für Privatfahrten genutzt wird, entsteht dem Arbeitnehmer ein sogenannter geldwerter Vorteil, weil er bei einem eigenen Fahrzeug spart. Dieser Vorteil ist jedoch steuer- und sozialversicherungspflichtig. Die Berechnung des geldwerten Vorteils erfolgt durch zwei Methoden: Die 1-Prozent-Regel (bei Elektrofahrzeugen oder Hybriden 0,5-Prozent), bei der vom Brutto-Listenpreis des Fahrzeugs ausgegangen wird, oder die Führung eines Fahrtenbuchs. Der geldwerte Vorteil eines Dienstwagens beträgt demnach ein Prozent des Listenpreises. Auf diesen Betrag muss der Mitarbeiter Steuern zahlen. Bei Führung eines Fahrtenbuchs wird kein fiktiver Betrag zugrunde gelegt wie bei der 1-Prozent-Regel. In diesem Fall werden die tatsächlichen Kosten für Privatfahrten zur Steuer herangezogen.
Danach liegt es auf der Hand, dass beim Kauf eines teuren Fahrzeugs der geldwerte Vorteil sämtliche finanzielle Vergünstigungen gegen Null gehen können. Daneben ist zu bedenken, dass ein zu langer Arbeitsweg für die PDL ebenfalls mit zu hohen Kosten verbunden und somit nicht attraktiv ist: Bei einer Privatnutzung des Fahrzeuges muss der Mitarbeiter pro Kilometer 0,03 Prozent des Listenpreises pro Kilometer zahlen. Weiterhin sollten sich Pflegedienstbetreiber darüber im Klaren sein, dass nicht alle Pflichten, die den Dienstwagen betreffen, von der Pflegedienstleitung übernommen werden dürfen, weil das Finanzamt den Firmenwagen in diesem Fall nicht als solchen anerkennt.
Firmenwagen in der Pflege: Mitarbeiter sorgfältig auswählen
Natürlich kann – besonders in kleinen Unternehmen – nicht jeder Mitarbeiter im Team in den Genuss eines Dienstwagens kommen, denn die Kosten für den Fuhrpark sind hoch und stellen viele Arbeitgeber vor echte Herausforderungen. Leasingverträge werden meist über einen längeren Zeitraum abgeschlossen, der Ankauf der entsprechenden Anzahl von Fahrzeugen ist mit enormen Anschaffungskosten verbunden. Deshalb sollte genau ausgewählt werden, wer als Entlohnungsbestandteil einen Firmenwagen zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt bekommt und wer nicht. Die Voraussetzungen dafür sind sicher individuell, dennoch sollten dabei einige Aspekte nicht außer Acht gelassen werden.
Mitarbeiter in Ausbildung kommen häufig weniger infrage als z. B. die PDL, die wegen der hohen Anforderungen ihres Arbeitsplatzes mit einem Dienstwagen belohnt werden sollte. Arbeitgeber sollten jedoch warten, bis die Probezeit beendet ist. Dasselbe gilt für die stellvertretende Pflegedienstleitung. Auch besonders verdiente Mitarbeiter können von den Vorteilen eines Firmenwagens profitieren.
Rechtssicherheit schafft Klarheit
Oberstes Gebot dabei ist, sich im Vorfeld genaue Kenntnisse zu beschaffen, denn Rechtssicherheit ist beim Thema privat genutzter Wagen im Job von großer Bedeutung. Der Arbeitgeber kann schnell in Teufels Küche kommen, wenn er die gesetzlichen Vorgaben nicht kennt. Das zeigt ein Fall aus dem Jahr 2013, der vor dem Bundesfinanzhof (BFH) landete und dort entschieden wurde, dass ein geldwerter Vorteil schon in diesem Fall vorliegt, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen für Privatfahrten nutzen darf, es aber faktisch nicht tut.
Dienstwagen für die PDL
Der Streitfall, ein Beispiel: In der Pflege Einrichtung, gegen die von der Finanzbehörde eine ordentliche Nachzahlung für einen Dienstwagen verlangt wurde, nutzte die PDL das Fahrzeug auch für Privatfahrten. Das war vorher mit dem Geschäftsführer besprochen worden und wurde außerdem im Arbeitsvertrag festgehalten.
Als die PDL des Betriebs wechselte, erklärte die neue Kraft, den Dienstwagen lediglich dazu nutzen zu wollen, potenzielle Bewohner vorab zu besuchen oder um an Fortbildungen teilnehmen zu können. Ansonsten sei sie eingeschworene Fahrradfahrerin und hätte privat kein Interesse an dem Wagen. Ein Fahrtenbuch im eigentlichen Sinne wurde auch nicht geführt, lediglich eine Liste, bei welchem Pflegekunden die PDL am jeweiligen Tag war. Da keine private Nutzung des Pkw vorlag, versteuerte der Arbeitgeber auch keinen geldwerten Vorteil. Das Finanzamt verlangte jedoch die Nachversteuerung.
Bundesfinanzhof hat ähnlichen Fall entschieden
Das Urteil vom 21.03.2013 (VI R 31/10) beruht auf einem Fall, in dem sich der BFH mit der Frage der Dienstwagenbesteuerung auseinandergesetzt hat, wenn das Dienstfahrzeug tatsächlich nicht privat genutzt wird, obwohl es zur privaten Nutzung überlassen ist. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin war eine Steuerberatungsgesellschaft und hat ihrem Geschäftsführer einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Aus dem Anstellungsvertrag war ersichtlich, dass der Geschäftsführer diesen Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen durfte. Bei der Lohnsteuer setzte die Klägerin für die private Nutzung lediglich eine Kostenpauschale an, denn eine private Nutzung des Dienstwagens habe nicht stattgefunden. Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung erließ das Finanzamt einen Lohnsteuerhaftungsbescheid. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht ab. Die Revision der klagenden Steuerberatungsgesellschaft blieb vor dem Bundesfinanzhof erfolglos.
Tatsächliche private Nutzung spielt keine Rolle
Der BFH führte in seiner Begründung aus, dass der angefochtene Haftungsbescheid rechtmäßig war. Schon allein die vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit, den Dienstwagen privat nutzen zu dürfen, führe beim Arbeitnehmer zu einem Vorteil, der als Lohn zu versteuern sei. Ob der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der privaten Nutzung tatsächlich Gebrauch gemacht habe, sei dafür in Abgrenzung zur bisherigen Rechtsprechung unerheblich: Der Vorteil in Gestalt der konkreten Möglichkeit, das Fahrzeug auch für Privatfahrten nutzen zu dürfen, sei dem Arbeitnehmer bereits mit der Überlassung des Fahrzeugs zugeflossen, lautete das Argument.
Gericht sah geldwerten Vorteil zu Recht als Arbeitslohn an
Der Steuerpflichtige konnte die Vermutung bisher unter engen Voraussetzungen widerlegen. Diese Möglichkeit sei nun entfallen, weshalb das Finanzgericht im vorliegenden Fall den geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung zu Recht als Arbeitslohn angesehen habe. Außerdem war der Vorteil nach der 1-%-Regelung zu bewerten. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG setze schließlich keine tatsächliche Nutzung voraus, sondern verweise nur auf die 1-%-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Mit dem Betrag, der nach der 1-%-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, sollen sämtliche geldwerten Vorteile, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des Dienstwagens ergeben – unabhängig von Nutzungsart und -umfang –, pauschal abgegolten werden. Diese Typisierung sei auch verfassungsgemäß. Da im Streitfall ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt worden war, kam nach den Ausführungen des BFHs eine andere Entscheidung nicht in Betracht.
Fazit: Nicht am Steuer schützt nicht vor der Steuer
Auch im Fall der neuen PDL, der ein Dienstwagen zur privaten Verfügung bereitgestellt wurde, musste die Einrichtung zu Recht Steuern nachzahlen. Wiederholen kann sich das Pflegeunternehmen den Betrag nicht: Die neue Mitarbeiterin wollte nie einen Dienstwagen für Privatfahrten nutzen. Sie hat darauf vertraut, dass für sie keine Steuern anfallen. Übrigens: Die Finanzämter gehen zunächst immer davon aus, dass der zur Verfügung gestellte Wagen auch zur privaten Nutzung ist, wenn ausschließlich ein einzelner Mitarbeiter den Wagen nutzt! Insofern hat dieses Urteil auch für die Dienstwagen der Heimleiter erhebliche Relevanz.
Was sind die Mindestanforderungen an ein Fahrtenbuch?
Der BFH hat in seiner Rechtsprechung folgende Mindestkriterien für die Führung von Fahrtenbüchern festgelegt:
- Gebundenes Buch, keine losen Zettel
- Amtliches Kennzeichen
- Kilometerstand (jährliche Fahrleistung)
- Die Art der jeweiligen Fahrt (z.B. Privatfahrten, betriebliche Fahrten, Fahrten zum Arbeitsplatz)
- Nähere Beschreibung der Fahrten:
- Bei betrieblichen Fahrten Datum, Kilometerstand zu Beginn und am Ende der Fahrt
- Startpunkt und Ziel der Fahrt
- Route
- Zweck der Fahrt
- Kundenangabe/Ansprechpartner mit vollem Namen
Bei Privatfahrten hingegen werden nur Angaben zur An- und Abfahrt, das Fahrtziel und die Kilometer angegeben
Vollständigkeit ist von großer Bedeutung
In einem Urteil hat der BFH die Notwendigkeit der vollständigen Angaben dieser Mindestanforderungen nochmals bekräftigt (VI R 33/10): Klägerin war eine GmbH, die das Fahrtenbuch nachträglich mithilfe von Angaben aus dem Tageskalender des Angestellten ergänzt hatte. In das Fahrtenbuch wurden als Fahrtziele nur Ortsangaben in das Fahrtenbuch eingetragen, z.B. „B-W-Straße-B“, dazu manchmal auch die Namen des Kunden oder auch den Zweck der Dienstfahrt und vereinzelt Kilometerangaben plus Tageskilometer.
BFH: Fahrtenbuch muss vollständige Aufzeichnungen enthalten
Vom Finanzamt wurde das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß gewertet. Das Finanzgericht hingegen sah diese Vorgehensweise als ausreichend an. Nach der Revision durch das Finanzamt beschäftigte sich der BFH mit dem Fall und kam zu dem Urteil, das ein Fahrtenbuch vollständige Aufzeichnungen enthalten müsse.
Eine Widerrufsklausel ist sinnvoll
Wer seiner PDL einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlässt, muss sich darüber im Klaren sein, dass dieser Bestandteil des Gehalts ist. Deshalb kann der Mitarbeiter das Fahrzeug auch im Krankheitsfall oder im Urlaub nutzen – also auch in Zeiten, in denen er keine Arbeitsleistung erbringt. Wichtig ist deshalb, zulässige Widerrufsklauseln im Falle von Krankheit, Mutterschutz oder ähnlichen Fällen in einer schriftlichen Vereinbarung festzuhalten. Auch bei einer Kündigung mit anschließender Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist greift die Widerrufsvereinbarung. Allerdings muss den Mitarbeitern in solchen Fällen ein kurzer Zeitraum gewährt werden, sich umstellen zu können. Wer den Dienstwagen ohne einen Widerrufsvorbehalt zurückverlangt, muss eine Entschädigung zahlen.
Entzug des Firmenfahrzeugs ist nicht einfach möglich
Kommt die PDL oder kommen andere Mitarbeiter in den Genuss eines Dienstwagens, darf ihnen dieser nicht einfach wieder entzogen werden. Hier ist eine Änderungsvereinbarung oder -kündigung nötig. Wer einen Firmenwagen fährt, darf ihn im Übrigen auch während arbeitsfreier Zeiten, z.B. Urlaub, Arbeitsunfähigkeit bis sechs Wochen etc. fahren. Voraussetzung ist, dass für diese Zeiträume Entgeltfortzahlungen durch den Arbeitgeber bestehen.