Neurologische Erkrankungen

Neurologische Störungen in der Pflege richtig erkennen
Das Bild zeigt die Hände eines Senioren in einem blauen Hemd. Eine weitere Person hält die Hände des Seniors, um ihm zu helfen.
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Inhaltsverzeichnis

Neurologische Erkrankungen: Physiologisches Grundwissen

Das Nervensystem des Menschen wird in drei Kategorien unterteilt:

  • das zentrale Nervensystem (ZNS): Zum zentralen Nervensystem zählt das Rückenmark oder das Gehirn.
  • das periphere Nervensystem (PNS): Das periphere Nervensystem umfasst Nervengeflechte, Nervenwurzeln und periphere Nerven.
  • das vegetative Nervensystem (VNS): Beim vegetativen Nervensystem handelt es sich um das System im menschlichen Körper das die unbewussten Körperfunktionen und die inneren Organe steuert.

Wissenswert

Teilweise gehören auch Muskeln mit zur neurologischen Funktion.

Was sind neurologische Erkrankungen?

Bei einer neurologischen Erkrankung kann es sich um eine Erkrankung des Rückenmarks, der Sinnesorgane, des Gehirns der Nervenwurzeln und/ oder der peripheren Nerven handeln. Doch auch Erkrankungen der Hirnhäute und des Hormon- und Immunsystems, fallen unter die Kategorie „neurologische Erkrankung“. Genauso wie Störungen der blutversorgenden Gefäße des Nervensystems.

Achtung, nur weil Senioren von neurologischen Erkrankungen oder Störungen betroffen sind, ist nicht sofort eine Einweisung in die Psychiatrie notwendig. Es ist sinnvoll, dass die Pflegekraft dem Betroffenen vermittelt, dass sie ihn trotz neurologischer Einschränkungen immer noch ernst nimmt, um ihn das Schamgefühl bezüglich seiner Erkrankung gegen über den Ärzten an den Kliniken, seiner Freunde und Familie zu nehmen. Ein angenehmer Nebeneffekt, die Ärzte an den Klinken, insbesondere die Neurologen, haben es so natürlich leichter bei Patienten-Kontakt entsprechend Vertrauen aufzubauen.

Was sind die Ursachen von neurologischen Erkrankungen und Störungen?

  • Durchblutungsstörungen im Gehirn können z. B. zu einem Schlaganfall führen.
  • Entzündliche Erkrankung des NZS/neuroimmunologische Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Multiple Sklerose)
  • Entzündungen der Hirnhäute und des Gehirns, ausgelöst durch Viren oder Bakterien.
  • Degenerative Erkrankungen (z. B. Demenz, Parkinson)
  • Die Folge von Schädel-Hirn-Traumen
  • Verletzungen der peripheren Nerven
  • Störungen der elektrischen Hirnaktivität
  • Fehlgesteuerte Reaktion des Immunsystems
  • Nervenkompression z. B. durch einen Bandscheibenvorfall ausgelöst.
  • Genetik
  • Tumore, die das Nervensystem betreffen
  • Vererbung
  • Neurologische Erkrankungen der Sehnerven usw.

Wissenswert

Die Ursache vieler psychiatrischer Krankheiten kann auch neurologischer Natur sein.

Neurologische Erkrankungen/Krankheiten: Was sind sie Symptome?

Bei einer neurologischen Erkrankung können sich beim Patienten verschiedene Symptome manifestieren.

  • Bestimmte Störungen der Blasenfunktion
  • Schwächegefühl in den Gliedmaßen
  • Lähmungserscheinungen bei einzelnen Extremitäten oder ganzen Körperbereichen
  • Es kommt zu Veränderungen der Aussprache.
  • Wortfindungsstörungen
  • Schluckstörungen
  • Das Sprachverständnis ändert sich.
  • Patienten berichten von Missempfinden
  • Taubheitsgefühl in den einzelnen Gliedmaßen oder in ganzen Körperbereichen
  • Veränderungen der Verhaltenskontrolle
  • Die Wahrnehmung des Patienten ist beeinträchtigt – Stichwort: Neuropsychologisches Syndrom.
  • Schlechte räumliche Orientierung
  • Die Handlungsplanung des Patienten wird schlechter
  • Veränderungen des Hautbildes
  • Störungen der Koordination
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Gedächtnisstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Gangstörungen
  • Schmerzen im Rumpf oder einzelnen Körperbereichen
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen/ Gesichtsschmerzen
  • Sehstörungen z. B. Doppelbilder oder schlechter werdende Sehschärfe
  • Tremor/Zittern im Kopf, in den Extremitäten oder im Rumpf
  • Bewusstseinsveränderungen
  • Eingeschränkte Beweglichkeit
  • Überbeweglichkeit
  • Muskelschwäche, Muskelzucken oder steife Muskeln (Veränderungen des Muskeltonus)
  • Epileptische Anfälle

Welche neurologischen Erkrankungen gibt es?

  • Alzheimer: Bei Alzheimer handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, die mit einem fortschreitenden Verlust des Gedächtnisses einhergeht. Mit dem Fortschreiten der Krankheit gehen früher oder später auch das Sprachverständnis, das Orientierungsvermögen und andere geistige Fähigkeiten des Betroffenen verloren.
  • Demenz: Bei einer Demenz gehen die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen verloren. Auch die sozialen und emotionalen Fähigkeiten werden durch diese Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen.
  • Atypischer Gesichtsschmerz/ anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz: Der atypische Gesichtsschmerz ist ein Dauerschmerz, der in wechselnder oder gleichbleibender Intensität in der Regel einseitig auftritt. In der Regel sind vom idiopathischen Gesichtsschmerz eher Frauen als Männer betroffen.
  • Entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems( z. B. Multiple Sklerose)
  • Diskusprolaps (Bandscheibenvorfall): Bei einem Diskusprolaps handelt es sich um einen Schaden an den Bandscheiben, der aufgrund einer Fehl- oder Überbelastung der Wirbelsäule, einer schlechten Rückenmuskulatur und/oder einer Bindegewebsdegeneration entsteht.
  • Epilepsie: Bei einer Epilepsie handelt es sich um eine Entladungsstörung der Gehirnneutronen. Diese führt zu schlimmen Krampfanfällen, Bewegungsstörungen usw.
  • Borreliose: Bei einer Borreliose handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch Borrelia-Bakterien ausgelöst wird.
  • Speicherkrankheiten, z. B. Lipidosen, Hämosiderosen, Glykogenosen usw.
  • Schlaferkrankungen/Schlafstörungen (Insomnie)
  • Zerebrovaskuläre Erkrankung: Bei einer zerebrovaskulären Erkrankung sind die arteriellen Hirngefäße von einer atherosklerotischen Veränderung betroffen.
  • Kopfschmerzen
  • TIA (transitorische ischämische Attacke) (Durchblutungsstörung des Gehirns)
  • Dystonie: krankhafte Veränderung des Muskel- und Gefäßspannungszustand
  • Schwindel z. B. Lagerungsschwindel
  • Schlaganfall (Apoplex)
  • Gürtelrose/ Herpes Zoster
  • Schädel-Hirn-Trauma
  • Polyneuropathie (Erkrankungen des peripheren Nervensystems)
  • Migräne
  • Post- Zoster- Neuralgie
  • MS (Multiple Sklerose)
  • Meniere – Schwindel
  • Parkinson usw.

Neurologische Erkrankungen und Störungen: Die Diagnostik

Hat die Pflegekraft den Verdacht, dass der zu betreuende geriatrische Patient von einer neurologischen Erkrankung oder Störung betroffen ist, sollte diese das beim Besuch des Hausarztes ansprechen. Dieser wird den betroffenen Senioren für eine ausführliche Untersuchung an einen Neurologen überweisen.

Beim ersten Neurologenbesuch muss der Patient nicht nur die Chipkarte seiner Krankenkasse abgeben, sondern auch einen Patientenerfassungsbogen ausfüllen und bezüglich des Datenschutzes einige Papiere unterschreiben. Anschließend erfolgt die Anamnese, bei der der Arzt seinen Patienten ausführlich zu dessen Krankheitsgeschichte befragen wird.

Warum ist die Anamnese so wichtig?

Durch die Anamnese bekommt der Facharzt für Neurologie erste Hinweise, in welche Richtung die Erkrankung geht und welche Untersuchungen noch erfolgen sollten.

Wissenswert

Bei einer Anamnese wird der Neurologe gezielt nach den Beschwerden des Patienten fragen, um die Merkmale der Erkrankung herausfiltern zu können.

Nach der Erhebung der Anamnese erfolgt die neurologische Untersuchung. Diese gliedert sich in verschiedenen Etappen.

1. Die Inspektion des Patienten

Bei der Inspektion wird der Neurologe den Patienten genau betrachten, um herauszufinden, ob sich bei ihm schon die typischen Symptome einer neurologischen Erkrankung oder Störung zeigen, wie z. B. ein verändertes Gangbild, Haltungsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Hautveränderungen usw. Mit der abgeschlossenen Inspektion erfolgt eine allgemeine internistische Untersuchung.

2. Die internistische Untersuchung

Bei der internistischen Untersuchung wird z. B. der Zustand der blutversorgenden Gefäße oder die Funktion des Herzens geprüft.

3. Die Funktion der Hirnnerven wird geprüft

Bei der Untersuchung der Hirnnerven wird der Facharzt für Neurologie darauf achten, ob die Grundfunktionen (z. B. Sprechen, schlucken, Mimik, Hören, das Bewegen der Augen, Schmecken, Riechen und Sehen dem Patienten möglich ist.

Wissenswert

Im menschlichen Körper gibt es insgesamt 12 Hirnnerven. Jeder dieser hat ein ganz bestimmtes Aufgabengebiet. Kommt es durch Verletzungen oder Hirnerkrankungen zu Funktionsstörungen lassen sich diese gut mithilfe sogenannter Funktionstests ermitteln.

Beispiel

  • Ist der Gesichtsnerv von Einschränkungen betroffen, lassen sich diese gut erkennen, indem man den Patienten bittet, Grimassen zu schneiden.
  • Um zu überprüfen, ob der Riechnerv des Patienten intakt ist, können verschiedene Aromastoffe verwendet werden, um die Geruchswahrnehmung des Patienten zu testen.

4. Untersuchungen der Reflexe

Warum bei neurologischen Krankheiten oder einer neurologischen Störung die Reflexe untersucht werden, hat einen guten Grund. Bei den Reflexen eines Menschen handelt es sich nämlich um eine Reaktion des Nervensystems auf einen externen Reiz.

5. Untersuchungen des Bewegungsapparats

Als Nächstes wird der Neurologe den Bewegungsapparat des Patienten untersuchen. Dabei wird der Arzt  sich nicht nur den Zustand der Gliedmaßen und Gelenke ansehen, sondern auch die Wirbelsäule auf ihren Verschleiß untersuchen. Sind Muskellähmungen oder gar eine verminderte Muskelkraft beim Patienten wahrzunehmen, kann das für eine neurologische Erkrankung oder Störung sprechen.

Wissenswert

Bei der Untersuchung des Bewegungsapparats wird der Arzt natürlich auch ein besonderes Augenmerk auf die Feinbeweglichkeit des Patienten legen.

Bei den nächsten Untersuchungen geht es darum, die Koordination des Patienten zu überprüfen – Stichwort: Finger-Nase-Versuch. Natürlich wird bei dieser Untersuchung darauf geachtet, wie der Betroffene gehen und stehen kann (mit offenen und geschlossenen Augen). Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, wie rasch die Bewegungsabläufe durchgeführt werden können. Auch die Sprachfähigkeit des geriatrischen Patienten und seine Fähigkeit zu Schreiben werden hier geprüft.

6. Prüfung der Sensibilität

Bei der Prüfung der Sensibilität werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, die darüber Auskunft geben sollen, wie es um die Berührungs- und Druckwahrnehmung und das Temperatur- und Schmerzempfinden des Patienten bestellt ist. Natürlich wird der Arzt hierbei nicht vergessen, auch die Tiefensensibilität des Patienten zu prüfen.

Bei der Diagnostik von neurologischen Erkrankungen und Störungen werden auch die vegetativen Funktionen des Patienten (z. B. Schwitzen, Atmung, Puls, Verdauung usw.) näher ansehen. Für die Diagnostik spielen auch die vorhandenen kognitiven Fähigkeiten des Patienten eine wichtige Rolle. Zu den kognitiven Fähigkeiten eines Menschen gehören z. B. Rechnen, Sprache verstehen usw.

7. Der Zustand der Psyche

Ist der Patient von einer neurologischen Erkrankung betroffen, kann das immer Einfluss auf dessen Psyche haben. Symptome, die hierfür sprechen wären:

  • Die Merkfähigkeit des Patienten lässt langsam nach.
  • Die Konzentration des zu betreuenden Seniors wird schlechter.
  • Der geriatrische Patient fühlt sich ständig müde und schläfrig
  • Der Betroffene zeigt Bewusstseinseintrübungen.
  • Der Patient zeigt die ersten Symptome einer Depression.

Abhängig vom Beschwerdebild des Patienten kann der Arzt noch weitere Untersuchungen anordnen, wie z. B.

  • EOG (Elektrookulografie)
  • Bluttests
  • Untersuchungen des Hirnwassers
  • EVP
  • Ultraschall
  • EMG (Elektromyografie)
  • CT (Computertomografie)
  • EEG (Elektroenzephalografie)
  • MRT (Magnetresonanztomographie)

Neurologische Erkrankungen und Störungen: Wie laufen Therapie und Behandlung ab?

Es gibt eine Vielzahl verschiedener neurologischer Erkrankungen und Störungen, die eine Vielzahl an Symptomen auslösen können. Eben diese Komplexität und Vielfältigkeit ist der Grund, warum hier keine allgemeinen Aussagen zur Behandlung bzw. Therapie getroffen werden können.

Tipp

Wer mehr über die Behandlung und/oder Therapie der einzelnen neurologischen Erkrankungen und Störungen erfahren möchte, sollte sich die einzelnen Krankheitsbilder durchlesen.

Was ist die neurologische Pflege?

Bei der neurologischen Pflege steht neben der Behandlung und Betreuung des chronisch Erkrankten auch die Begleitung des Patienten im Alltag im Vordergrund. Um eine optimal auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmte Pflege gewährleisten zu können, arbeitet die Pflegekraft normalerweise eng mit Physio- und Ergotherapie, wie auch der Logopädie eng zusammen.

Wissenswert

Die Pflege von Patienten mit neurologischen Erkrankungen ist sehr anspruchsvoll, da die Symptomatiken äußerst komplex sein können. So kann es bei Betroffenen zu psychoreaktiven/psychischen Veränderungen kommen, genauso auch zu schmerzen, starken Erschöpfungszuständen, Müdigkeit, neurologischen Störungen, kurzfristigen oder dauerhaften Lähmungserscheinungen, Koordinationsstörungen usw. Das bedeutet, dass sich die Pflegekraft sich konsequent neuen Herausforderungen stellen muss. Damit sie den relativ hohen Anforderungen der neurologischen Pflege gerecht werden kann, ist eine konsequente Weiter- und Fortbildung der Pflegekräfte unerlässlich.

Warum ist eine gute neurologische Pflege so wichtig?

Die Bedeutung der neurologischen Pflege wird gerne unterschätzt, was aber eine Fehleinschätzung ist. Warum? Die neurologische Pflege leistet einen direkten Beitrag zur Rehabilitation und Therapie des Erkrankten.

Welche Weiterbildungsmaßnahmen von Pflegekräften im Bereich neurologischer Pflege gibt es?

  • Bobath-Pflegegrundkurs
  • Pflege auf Stroke Unit usw.

Tipp

In Deutschland hat die Pflegekraft verschiedene Möglichkeiten, ihre Weiterbildung bezuschussen zu lassen, entweder über diverse Förderprogramme von staatlicher Seite oder ein direkter Zuschuss von ihrem Arbeitgeber. Natürlich können die Kosten für eine berufsbedingte Weiterbildung auch steuerlich geltend gemacht werden.

Die primäre Pflege bei neurologischen Erkrankungen

Bei der primären Pflege von Patienten mit neurologischen Erkrankungen geht es hauptsächlich darum, den betroffenen bei seinen Aktivitäten des täglichen Lebens zu unterstützen und ihn soweit anzuleiten, um eine größtmögliche Selbstständigkeit zu erhalten. Um eben dieses Ziel zu erreichen, ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Pflegekraft und Patient wichtig.

Wissenswert

Pflegekonzepte und Therapien werden bei der neurologischen Pflege individuell auf die Bedürfnisse des pflegebedürftigen Patienten abgestimmt. Hierfür arbeiten verschiedene Berufsgruppen in der Pflege eng zusammen.