- Das Gesetz PSG II: Umstellung auf Pflegegrade und Einführung eines neues Begutachtungsverfahren
- Stärkung des ambulanten und teilstationären Sektors durch das Gesetz PSG II
- Gesetz PSG II Entlastungsleistungen: Prüfen Sie, ob Sie Ihre Preise anpassen müssen
- Nicht verbrauchte Entlastungsleistungen verfallen im darauffolgenden Kalenderhalbjahr
- Das Gesetz PSG III: Stärkere Einbindung der Kommunen und aktualisierte Qualitätsprüfungsrichtlinien
- Gesetz PSG III: Welche Regelungen müssen Sie kennen?
- Tipps und Informationen
- Fazit
Im Jahr 2017 waren rund 3,4 Millionen Menschen in Deutschland auf Pflege angewiesen. Schätzungen zu Folge soll die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2050 auf mehr als 5 Millionen steigen. Um die Unterstützung für pflegebedürftige Menschen, deren Angehörige und Pflegekräfte nachhaltig zu verbessern, führte die Bundesregierung im Jahr 2015 das erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I) ein.
Das größte der drei Pflegestärkungsgesetze – das PSG II – brachte im Jahr 2017 eine Reihe an weiteren wichtigen Neuerungen. Kernstück des Pflegestärkungsgestz ist die Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und darauf basierend die Einführung der 5 Pflegegrade. Das ebenfalls 2017 eingeführte Gesetz PSG III konzentriert sich vor allem auf die regionale und kommunale Umsetzung der Neuerungen.
Das Gesetz PSG II: Umstellung auf Pflegegrade und Einführung eines neues Begutachtungsverfahren
Im Fokus des Pflegestärkungsgesetz II stehen vor allem der Wechsel von Pflegestufen zu Pflegegraden und die Einführung eines neues Begutachtungsverfahren. Grundlage für diese Neuerungen ist die Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffes.
5 Pflegegrade lösen 3 Pflegestufen ab
Vor der Einführung des Pflegestärkungsgesetz II wurden pflegebedürftige Menschen in 3 Pflegestufen eingeteilt. Dieses Einstufungssystem wurde im Jahr 2017 durch 5 Pflegegrade abgelöst. Die Umstellung hat dazu beigetragen, dass auch pflegebedürftige Personen, die früher noch keine Pflegestufe erhalten haben, nun eine der 5 Pflegegrade zugeordnet werden können. Auf diese Weise erhalten mehr Personen einen Zugang zu Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Bundeseinheitliche Formel für die Umstellung auf Pflegegrade
Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hat gemeinsam mit dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) eine bundeseinheitliche Formel vorgeschlagen, mit der die Umstellung der Pflegesätze dargestellt werden kann (die Finanzierung von Altenheimplätzen richtet sich größtenteils nach der bisherigen Pflegestufe, Anm. der Redaktion).
Für die Umrechnung der Pflegestufen auf Pflegegrade und die Umrechnung der personellen Ausstattung, kann die vom vdek und bpa entwickelte Umrechnungsformel genutzt werden. Diese können Sie hier herunterladen. In diese Tabelle können Sie als stationäre Einrichtung einfach Ihre Daten wie Bewohner, Pflegestufenverteilung usw. eintragen.
Benachteiligung für Menschen mit psychischen Erkrankungen aufgehoben
Zur Begutachtung der Pflegebedürftigkeit wird seit 2017 das neue Begutachtungs-Assessment (NBA) herangezogen. Mithilfe dieses neuen Begutachtungsverfahrens werden körperliche, geistige und psychische Erkrankungen gleichermaßen erhoben. Damit erhalten erstmals alle Pflegebedürftigen gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung – unabhängig davon, ob sie an körperlichen Einschränkungen leiden oder an einer Demenz erkrankt sind.
Maßgeblich für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit sind Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeitsstörungen in den nachfolgenden 6 Bereichen:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Stärkung des ambulanten und teilstationären Sektors durch das Gesetz PSG II
Kennen Sie sich eigentlich mit der Refinanzierung der ambulanten und teilstationären Pflege gut aus? Im Vergleich zur vollstationären Pflege liegen Welten zwischen den beiden Finanzierungssystemen.
Im Folgenden möchten wir Ihnen die finanziellen Möglichkeiten für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige in der ambulanten und teilstationären Pflege kurz vorstellen. Denn die deutlich verbesserte finanzielle Ausstattung dieser beiden Bereiche wird sich voraussichtlich negativ auf das Nachfrageverhalten im vollstationären Sektor auswirken.
Strategie „ambulant vor stationär“ verstärkt
Der Gesetzgeber hat sich im Hinblick auf den mittelfristig stark ansteigenden Bedarf an vollstationären Pflegeplätzen für Menschen mit erhöhtem und stark erhöhtem Pflegebedarf klar auf die Strategie „ambulant vor stationär“ festgelegt. Dies spiegelt sich vor allem auch in den Finanzierungssystemen dieser Bereiche wider.
Umfangreiche Wahlmöglichkeiten
Im Bereich der ambulanten Pflege haben Pflegebedürftige und deren pflegende Angehörige zunächst ein Wahlrecht zwischen ambulanten Geld- und Sachleistungen.
Ambulante Geld- und Sachleistungen:
Die Geldleistungen werden an die private Pflegeperson ausgezahlt und reichen von Pflegegrad 2 (PG 2) mit 316 €/mtl. bis zu PG 5 mit 901 €/mtl.
Alternativ zu den Geldleistungen können auch ambulante Sachleistungen in Anspruch genommen werden. Dieses Budget reicht von PG 2 mit 689 €/mtl. bis PG 5 mit 1.995 €/mtl.
Beide Töpfe können zudem miteinander kombiniert werden (Kombinationsleistungen).
Zusätzlich zu den ambulanten Geld- und Sachleistungen steht außerdem ein Budget von 125 €/mtl. für Entlastungsleistungen zur Verfügung. Erfahren Sie mehr zum Thema Entlastungsleistungen im nächsten Kapitel.
Zusätzliches Budget für teilstationäre Leistungen
Neben den beiden miteinander kombinierbaren ambulanten Töpfen erhalten die Leistungsberechtigten ab dem 01.01.2017 ein zusätzliches Budget für teilstationäre Leistungen – also Tages- und Nachtpflege – in der gleichen Höhe wie das ambulante Budget. Ebenfalls in PG 2 die 689 €/mtl. bis PG 5 mit 1.995 €/mtl. Für Leistungen der Tagespflege kann darüber hinaus auch noch der Entlastungsbetrag von 125 €/mtl. verwendet werden, sofern dieser nicht ambulant verbraucht worden ist.
Praxisbeispiel für Pflegegrad 3 ambulant/teilstationär
Das folgende Beispiel soll die veränderten Rahmenbedingungen verdeutlichen.
Praxisbeispiel für Pflegegrad 3 vollstationär
Zum Vergleich würde Frau Müller in einer vollstationären Pflegeeinrichtung folgende Kosten tragen müssen:
- Einrichtungseinheitlicher Eigenanteil: 600 €/mtl. (fiktiver Beispielwert) (Der Anteil der Pflegeversicherung beträgt 1.262 €/mtl.)
- Unterkunft & Verpflegung (32 €/ Tag): 973 €/mtl.
- Investitionskosten (17 €/Tag): 517 €/ mtl.
- Sonstige Kostenpositionen (z. B. Ausbildungsumlage; werden im Weiteren nicht berücksichtigt)
Frau Müller müsste in einer vollstationären Pflegeeinrichtung monatlich 2.090 € dazuzahlen. Reicht die Rente von Frau Müller nicht aus, müssen für die übrigen Kosten gegebenenfalls ihr Vermögen aufgebraucht oder die Kinder im Rahmen der gesetzlichen Regelungen herangezogen werden.
Nachfrageverschiebung zugunsten des ambulanten Sektors
Das Praxisbeispiel von Frau Müller verdeutlicht, dass der ambulante und teilstationäre Sektor deutlich an Attraktivität in Bezug auf die finanziellen Möglichkeiten gewonnen hat. Dem gegenüber stehen die hohen Heimkosten in der vollstationären Pflegeeinrichtung.
Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass eine Nachfrageverschiebung zugunsten des ambulanten Sektors in den unteren Pflegegraden eintreten wird. Aus Sicht des vollstationären Sektors bedeutet dies eine Veränderung der Bewohnerstruktur. Tendenziell werden zukünftig insbesondere pflegebedürftige Menschen mit höheren Pflegegraden die vollstationären Pflegeeinrichtungen in Anspruch nehmen.
Vorübergehender Auslastungseinbruch
Trotz des PSG II werden in Deutschland weiterhin neue vollstationäre Pflegeeinrichtungen gebaut. Somit werden die am Markt vorhandenen Kapazitäten erweitert. Tritt nun der oben skizzierte Nachfrageeffekt auf, könnte es zu zeitweisen Auslastungseinbrüchen in manchen Regionen kommen. Mittelfristig wird sich durch die steigende Zahl der Pflegebedürftigen durch den demografischen Wandel dieser Effekt von allein wieder aufheben.
Wir sind der Überzeugung, dass vollstationäre Pflegeeinrichtungen weiterhin die wichtigste Säule der professionellen Pflege darstellen werden. Mittelfristig wird sich die Bewohnerstruktur auf hohe Pflegegrade konzentrieren, daher sollten sich die Pflegeeinrichtungen auch auf diese Entwicklung vorbereiten.
Diese Argumente sprechen für die stationäre Pflege
Welche Vorteile bietet die Unterbringung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung im Vergleich zur ambulanten und teilstationären Pflege?
Drei Perspektiven:
- Aus Sicht des Pflegebedürftigen
- Aus Sicht der Angehörigen
- Aus finanzieller Sicht
- Für den Pflegebedürftigen selbst
- Professionelles Umfeld und Versorgung
- Rund um die Uhr geschultes Pflegefachpersonal vor Ort
- Auch in Notsituationen schnell professionelle Hilfe Regelmäßige soziale Betreuung und Gruppenangebote
- Sicherstellung einer guten Versorgung
- Kein erneuter Umzug mehr bei Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands
- Zahlreiche Sozialkontakte zu anderen Senioren, die im häuslichen Umfeld in dem Ausmaß nicht mehr gepflegt werden könnten
Für die pflegenden Angehörigen
- Deutliche Entlastung im Alltag
- Keine körperliche Belastung durch die Pflege mehr
- Geringere psychische Belastung
- Regeneration nach einer oft langjährigen Pflege zu Hause
In finanzieller Hinsicht
- Unterbringung in vollstationärer Pflegeeinrichtung erst einmal teurer
- Kommt auf den Einzelfall an bzw. wenn eine nicht sichergestellte häusliche Versorgungssituation vorliegt
- Oft können finanzielle Kompensationen geschaffen werden (z. B. Auflösung der Wohnung)
- Professionelle Unterstützung durch Ihre Einrichtung bei der Beantragung von finanziellen Hilfen (z. B. Pflegewohngeld, Bekleidungsgeld etc.)
Gesetz PSG II Entlastungsleistungen: Prüfen Sie, ob Sie Ihre Preise anpassen müssen
Mit dem PSG II hat der Gesetzgeber auch die §§ 45ff. SGB XI erneut umgestaltet. Aus den „zusätzlichen Betreuungsleistungen“ wurden 2015 zunächst die „Betreuungs- und Entlastungsleistungen“. Seit 2017 ist es der „Entlastungsbetrag“.
Die Betreuungsleistungen, die ein Pflegedienst seit 2017 erbringt, können nun in allen Bundesländern auch über Sachleistungen erbracht werden, d. h. sie sind nun Bestandteil der Leistungskomplexe. Die Leistungskomplexe regeln die Bedingungen und die Vergütung.
Allerdings können die Betreuungsleistungen auch über den Entlastungsbetrag (§ 45b SGB XI) abgerechnet werden. Dies ist z. B. sinnvoll, wenn
- der Sachleistungsanspruch voll ausgeschöpft ist,
- Zuzahlungen verhindert oder verringert werden sollen
- oder mehr Pflegegeld zur Verfügung stehen soll.
Denn der Gesetzgeber hat hier keine Vorrangregelungen geschaffen. Das bedeutet, dass der Pflegebedürftige das Wahlrecht hat, ob er Leistungen über die Sachleistung abgerechnet haben möchte oder über den Entlastungsbetrag. Ausgenommen hiervon sind die Leistungen der Selbstversorgung (Körperpflege, Ernährung, Ausscheidung) in den Pflegegraden 2–5. Nur Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 dürfen den Entlastungsbetrag auch für Leistungen der Selbstversorgung einsetzen.
Leistungskomplex-System als Höchstpreis
Komplizierter ist die Frage zu beantworten, welcher Preis abgerechnet werden kann. Bis zum Ende des Jahres 2017 konnten Sie als Pflegedienst den Preis hierfür frei gestalten. Im PSG III hat der Gesetzgeber nun festgelegt, dass, wenn Leistungen aus dem Leistungskomplex-System auch im Rahmen des Entlastungsbetrages erbracht werden, die Preise aus dem Leistungskomplex-System als Höchstpreise zu verstehen sind. In der hauswirtschaftlichen Versorgung kann dies dazu führen, dass Sie im Rahmen des Entlastungsbetrages nur noch den verrichtungsbezogenen Leistungskomplex und keine Vergütung nach Zeit mehr abrechnen können.
Entlastungsleistungen, die Sie schon erbringen
Wie bisher können mit dem Entlastungsbetrag Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes finanziert werden. Daher bieten viele ambulante Pflegedienste ihren Pflegekunden entlastende Dienstleistungen wie z. B. Hauswirtschaft, einkaufen gehen, Medikamentenservice usw. an.
§ 45b-Leistungen wurden begrenzt
Beachten Sie, dass die Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes lt. § 45b auf Leistungen im Sinne des § 36 begrenzt wurden. Doch was bedeutet „im Sinne des § 36“?
Die Antworten von Experten sind sehr unterschiedlich: Einige sagen, „im Sinne“ bedeutet nicht „nur Leistungen nach § 36“, andere sagen hingegen, „im Sinne“ bedeutet „genau die“.
Dienstleistungen wie z. B. Gartenarbeit oder Holzhacken sind nun ggf. keine Entlastungsleistungen im Sinne des § 36 SGB XI, es sei denn, die Betreuung und Begleitung des Pflegebedürftigen stehen im Vordergrund. Dann muss aber wieder der entsprechende LK als Höchstpreis abgerechnet werden.
Wurden bislang höhere Preise für Entlastungsleistungen genommen, müssen Sie diese absenken. Niedrigere Preise können bleiben. Aber nach Möglichkeit sollte für die gleiche Leistung auch der gleiche Preis genommen werden.
Nicht verbrauchte Entlastungsleistungen verfallen im darauffolgenden Kalenderhalbjahr
Wie Sie bereits erfahren haben, hat jeder Pflegekunde, der in einen Pflegegrad eingestuft ist, Anspruch auf Entlastungsleistungen. Der Entlastungsbetrag von 125 € ist für jeden Pflegebedürftigen gleich hoch – unabhängig davon, in welchen Pflegegrad er eingestuft ist. Wenn Ihr Pflegekunde den Entlastungsbetrag allerdings nicht aufbraucht, verfällt der Betrag im darauffolgenden Kalenderhalbjahr. Das bedeutet, dass die Leistungen aus 2019 spätestens zum 30.06.2020 verfallen.
Sonderregelung zu Entlastungsleistungen für 2015 und 2016
Für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2016 konnten nicht in Anspruch genommene oder noch nicht erstattete zusätzliche Entlastungsleistungen ausnahmsweise per Sonderregelung bis 31.12.2018 erstattet werden.
Das Gesetz PSG III: Stärkere Einbindung der Kommunen und aktualisierte Qualitätsprüfungsrichtlinien
Das 3. Pflegestärkungsgesetz, kurz PSG III, wurde im Dezember 2016 im Bundestag beschlossen. Ziel der Aktivitäten rund um das PSG III ist es, dass Pflege zu den Landkreisen und Gemeinden zurückkehrt und die benötigte Hilfe bei den Pflegebedürftigen zügig ankommt.
Außerdem werden die Kontrollen verschärft, um Pflegebedürftige, ihre Familien und die Pflegekräfte besser vor Pflegediensten mit Betrugsabsichten zu schützen. Mit dem PSG III erhalten die ersten beiden verabschiedeten Pflegestärkungsgesetze ihren Feinschliff.
Welche Themenbereiche das Gesetz konkret umfasst, erfahren Sie im Folgenden.
Sicherstellung der Versorgung
Die Länder sollen für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen Versorgungsinfrastruktur in der Pflege verantwortlich sein. In diesem Rahmen sollen Pflegeausschüsse eingerichtet werden, die sich mit Versorgungsfragen befassen.
Mit dem Pflegestärkungsgesetz III sollen die Pflegekassen verpflichtet werden, sich an Ausschüssen zu beteiligen, die sich mit regionalen Fragen oder sektorübergreifender Versorgung beschäftigen. Die Pflegekassen müssen Empfehlungen der Ausschüsse, die sich auf die Verbesserung der Versorgungssituation beziehen, bei Vertragsverhandlungen einbeziehen.
Stärkung der Rolle der Kommunen
Durch das PSG III soll die Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen vor Ort verbessert werden. Dazu erhalten Kommunen mit dem PSG III für die Dauer von 5 Jahren ein Initiativrecht zur Einrichtung von Pflegestützpunkten.
Die Kommunen sollen außerdem als eigene Beratungsstellen fungieren. Ergänzend zu ihren eigenen Beratungsaufgaben in der Hilfe zur Pflege, der Altenhilfe und der Eingliederungshilfe sollen sie auch Pflegebedürftige, die Pflegegeld beziehen, beraten können.
Zudem sollen bundesweit 60 Modellprojekte zur besseren Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen durch kommunale Beratungsstellen erprobt werden. Dadurch soll es Leistungsbeziehern ermöglicht werden, Beratung zu allen Leistungen, die sie in Anspruch nehmen können, aus einer Hand zu erhalten. Das können beispielsweise Leistungen für die Hilfe zur Pflege, der Eingliederungshilfe oder der Altenhilfe sein.
Angebote zur Unterstützung im Alltag
Das PSG III schafft für Kommunen die Möglichkeit, sich an Maßnahmen zum Auf- und Ausbau der Angebote zur Unterstützung im Alltag einzubringen. Diese Angebote zur Unterstützung im Alltag richten sich nicht nur an Pflegebedürftige, sondern auch an deren Angehörige, die dadurch entlastet werden.
Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs
Auch nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im SGB XI und nach der deutlichen Verbesserung von Pflegeleistungen kann ein darüberhinausgehender Bedarf an Pflege bestehen. Dieser wird bei finanzieller Bedürftigkeit im Rahmen der Sozialhilfe und des sozialen Entschädigungsrechts gedeckt.
Der Pflegebedürftigkeitsbegriff soll gemäß dem SGB XI auch für das SGB XII sowie das Bundesversorgungsgesetz (BVG) geltend gemacht werden. Damit wird sichergestellt, dass finanziell Bedürftige im Falle der Pflegebedürftigkeit angemessen versorgt werden.
Überarbeitete ambulante Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR): Maßnahmen zur Verhinderung von Abrechnungsbetrug
Mit der Einführung des PSG III will der Gesetzgeber dafür sorgen, dass dem Treiben von schwarzen Schafen im Pflegesektor ein Riegel vorgeschoben wird. In diesem Zuge wurde die ambulante Qualitätsprüfungsrichtlinie (QPR) angepasst und dem MDK mehr Prüfungsbefugnisse eingeräumt.
Mit dieser Verschärfung soll verhindert werden, dass den Kranken- und Pflegekassen sowie den örtlichen Sozialhilfeträgern weitere Schäden entstehen. Durch Betrügereien im Rahmen der Abrechnung haben die Kostenträger bislang ca. 1 Mrd. € im Jahr verloren.
Bis zur Einführung des PSG III kamen bei MDK-Prüfungen nur Patienten in die Verlosung, die mindestens Leistungen des SGB XI bezogen. Durch die gesetzlichen Neuerungen erhielt der MDK die Befugnis, in ambulanten Pflegediensten auch die reinen SGB-V-Patienten zu prüfen – also diejenigen, die nur Leistungen zur Behandlungspflege in ihrer Häuslichkeit bekommen.
Besonders betroffen von der neuen QPR sind Pflegedienste, die die ambulante Intensivpflege anbieten oder diese sogar solitär anbieten. Vor allem die Anbieter ambulanter Pflege, die ausschließlich SGB-V-Leistungen anbieten, werden nun ebenso regelhaft jährlich geprüft.
Aber auch für alle anderen Pflegedienste wurden die Vorgaben der Stichprobe zugunsten der Prüfung der Erbringung und Abrechnung der SGB-V-Leistungen verschärft. Die alte Rechnung – „solitäre SGB-V-Patienten werden nicht geprüft“ – geht nun nicht mehr auf.
Das bedeutet aber nicht, dass für reine SGB-V-Patienten eine Pflegeplanung geschrieben werden muss (es sei denn, einzelne SGB-V-Verträge in einzelnen Regionen sehen das vor). Allerdings muss viel stärker darauf geachtet werden, dass die Leistungen im Umfang der Verordnung und von dafür qualifiziertem Personal erbracht werden.
Gesetz PSG III: Welche Regelungen müssen Sie kennen?
Einige Zeit nach der Einführung des PSG III wird immer deutlicher, dass der Versuch, die Regelungen der Pflegeversicherung (SGB XI) und der Sozialhilfe (SGB XII) zu harmonisieren, auch einige Verwerfungen mit sich bringt. Anhand zweier Fälle aus Pflegeeinrichtungen, lassen sich die Probleme der gesetzlichen Veränderungen deutlich erkennen.
Sozialhilfeempfänger ohne Pflegegrad bleiben nur vorläufig in Pflegeeinrichtungen
Harmonisierung mit Folgen
Das PSG III harmonisiert den Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB XI mit den Regelungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Dies ist grundsätzlich sinnvoll. Der neue § 65 SGB XII birgt jedoch für Bewohner ohne Pflegestufe, die im Zuge der Überleitung nicht in Pflegegrad 2 überführt werden, eigentlich einen Leistungsausschluss. Stationäre Pflege erhalten demnach nur Bewohner der Pflegegrade 2–5. Viele Verbände haben auf diese Regelungslücke aufmerksam gemacht.
Einschränkungen bei Pflegebedürftigen, deren gesamte Hilfe zur Pflege ausschließlich vom Sozialamt finanziert wird
Trotz eingeschränkter Alltagskompetenz kein doppelter Stufensprung
Mit dem PSG III ist in § 137 SGB XII geregelt worden, dass pflegebedürftige Personen, für deren Hilfe zur Pflege ausschließlich das Sozialamt aufkommt, bei der Zuordnung zu einem Pflegegrad nur einen einfachen Stufensprung erhalten, obwohl ein doppelter Sprung eigentlich pflegerisch gerechtfertigt wäre.
Ein doppelter Stufensprung ist mit dem Hinweis verworfen worden, dass bei der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII keine Leistungen bei einer erheblichen eingeschränkten Alltagskompetenz erbracht werden. Diese Festlegung bedeutet im Weiteren, dass für diese Personengruppe kein Zuschlag nach § 43b SGB XI (ehemals § 87b SGB XI) abgerechnet werden kann.
Tipps und Informationen
Fachliteratur: „PSG II: Nutzen Sie jetzt die neuen Chancen“
Fazit
Die Pflegestärkungsgesetze I–III gelten zusammen als die größte Reform seit der Einführung der Pflegeversicherung. Mit der Verabschiedung der Pflegestärkungsgesetze wurde ein Umbruch in der Pflegelandschaft eingeleitet von dem sowohl ambulante als auch stationäre Pflegeeinrichtungen betroffen sind. Durch die gesetzlichen Neuerungen wird eine neue rechtliche und fachliche Ausgangsbasis geschaffen.
Um Qualitätsmängel, Umsatzeinbußen oder Effizienzverluste zu verhindern, ist es wichtig, dass Sie das Pflegemanagement ihrer Einrichtung an die Neuerungen der Pflegestärkungsgesetze anpassen und ihre Belegschaft umfassend über die Veränderungen informiert sind.