Neben Aspekten wie Bewegung, Hygiene und medizinischer Versorgung spielt auch die Ernährung der Pflegebedürftigen eine wichtige Rolle für eine angemessene Betreuung. Besonders relevant ist es dabei, die Bedürfnisse jedes Individuums zu kennen. Wer braucht was? Was entspricht dem Geschmack des jeweiligen Patienten? Das Pflegepersonal muss dementsprechend genau einschätzen, welche Nahrungsmittel geeignet und benötigt sind und an welchen Stellen Vorsicht geboten ist. Dieser Artikel bietet einen Überblick über mögliche negative Einflussfaktoren und Tipps für eine individuell zugeschnittene Ernährung in der Pflege.
Ernährung in der Pflege: Besonderheiten und Ideen
Geht es ums Essen, hat jeder Mensch andere Vorlieben. Dabei unterscheiden sich nicht nur die Geschmäcker, sondern auch die Zeiten, zu denen Mahlzeiten eingenommen werden. Häufig entwickelt jeder Mensch individuelle Gewohnheiten, an denen er bis ins hohe Alter festhält. So werden in vielen Haushalten beispielsweise jeden Tag drei Hauptmahlzeiten zu festen Uhrzeiten serviert – eine Angewohnheit, die nur wenige gerne ändern wollen.
Auch in der Pflege spielen Nahrungsgewohnheiten, aber auch Nahrungsempfehlungen und -vorlieben eine wichtige Rolle. Mitarbeiter im Pflegedienst müssen zum einen dafür sorgen, dass Pflegekunden mit der Essenssituation zufrieden sind. Zum anderen müssen sie auch auf Risikofaktoren achten und präventiv handeln, um eine Mangel- oder Fehlernährung der Pflegebedürftigen zu verhindern. Denn gerade im hohen Alter sind Ernährungsprobleme eine ernst zu nehmende Gefahr. Nicht selten haben Senioren wenig Appetit. Oftmals verändert sich allerdings auch ihr Geschmackssinn.
Die Pflegebedürftigen kennenlernen
Um eine angemessene Versorgung gewährleisten zu können, muss das Pflegepersonal genau wissen, welche Bedürfnisse und Wünsche die Pflegekunden besitzen. Wenn es um bestimmte Nährstoffe, einen Mangel oder Allergien geht, sind ältere Menschen oft nicht über ihre individuellen Eigenschaften im Bilde.
Daher ist es sinnvoll, sich ein umfassendes Bild jedes Patienten zu verschaffen:
- Was sagen die Pflegebedürftigen, was mögen sie und was nicht?
- Welche Hinweise gibt der Arzt?
- Sind Besonderheiten aus der Geschichte des Pflegekunden bekannt, die es zu beachten gilt?
Pflegerinnen und Pfleger können im Gespräch mit Angehörigen, Ärzten und Personen aus dem näheren Umfeld der betreffenden Personen viele Informationen sammeln. Diese gilt es zu filtern und zu analysieren. Wie sah die Ernährung des Kunden bisher aus? An welchen Gewohnheiten wurde festgehalten?
Um auch im Verlauf der Betreuung des Kunden seine ausgewogene und zugeschnittene Ernährung im Blick zu behalten, ist es sinnvoll, seinen Zustand in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Zur Feststellung eines Ernährungsdefizits können Pflegekräfte ein offizielles Screening-Instrument nutzen oder auf einzelne Werte wie das Körpergewicht oder den Body-Mass-Index zurückgreifen.
Dabei ist zu beachten, dass einzelne Werte nicht für sich allein betrachtet werden sollten. Gerade da Messfehler zu Fehlinterpretationen führen können, sollten Werte mehrfach erhoben und in Kombination mit weiteren Ergebnissen gesehen werden. So ergibt sich ein vielschichtiges Bild, das auf mehreren Untersuchungen beruht.
Im Alltag können folgende Maßnahmen helfen, um die Ernährung der Pflegekunden im Blick zu behalten:
- Essens- beziehungsweise Trinkplan für die folgenden Tage oder die nächste Woche
- Regelmäßige Gewichtskontrollen
- Protokolle der Mahlzeiten
Gemeinsam mit einem zugeschnittenen Menüplan, der beispielsweise die präferierten Gerichte der Kunden enthält, sorgt das Pflegepersonal so für ein sicheres und kontrolliertes Ernährungsumfeld.
Beobachtung bei Kunden mit Demenz
Bei demenziell erkrankten Kunden müssen Pflegekräfte auf zusätzliche Faktoren achten. Die Erkrankung führt dazu, dass Betroffenen ihr eigener Zustand nicht zu jedem Zeitpunkt bewusst ist. Oft können sie auch ihr eigenes Hungergefühl nicht einschätzen. Appetitlosigkeit, das Vergessen von Mahlzeiten und eine mangelhafte Flüssigkeitsaufnahme können Symptome der Krankheit sein. Das zuständige Pflegepersonal sollte mögliche Risikofaktoren kennen, um ihnen direkt entgegenwirken zu können.
Sowohl die Informationen von Familie und Ärzten als auch eine engmaschige Beobachtung der Pflegebedürftigen helfen dabei, das Verhalten im Blick zu behalten. So können rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um eine Mangelversorgung zu verhindern.
Pflegekräfte können sich an einer Checkliste beziehungsweise an einem festen Protokoll orientieren und die einzelnen Punkte für jeden Pflegekunden abklären:
- Vergessen der Essenszeiten und Appetitlosigkeit
- Adäquates Äußern eines Hunger- und Durstgefühls (verbal oder nonverbal)
- Zeigen von herausforderndem Verhalten, das Auswirkungen auf den Ernährungsstatus hat (z. B. einen gesteigerten Bewegungsdrang und damit verbunden einen erhöhten Kalorienbedarf?)
- Auswirkungen weiterer Krankheiten und deren Folgen (neben der Demenz) auf das Essverhalten und die Nahrungsaufnahme. Zum Beispiel:
- Mangelhafter Zahnstatus
- Schluckbeschwerden
- Kaubeschwerden
- Vielzahl an Medikamenten
- Hohe Ablenkbarkeit und Überforderung in der Essenssituation
- Koordinationsschwierigkeiten beim Umgang mit Besteck
- Verlust von Tischmanieren, die für Dritte unangenehm sind
- Erhöhte Ruhelosigkeit während des Essens
- Veränderung der Geschmackswahrnehmung
- Aggressive Verhaltensweisen oder Rückzug
Durch die Beobachtung dieser Aspekte können Pflegekräfte auf kleinste Veränderungen reagieren. Wandelt sich beispielsweise der Geschmack eines Kunden, kann das Pflegepersonal gezielt auf die neuen Wünsche und Bedürfnisse eingehen. Pflegende sollten darauf achten, dass trotz der Geschmacksveränderung alle nötigen Nährstoffe aufgenommen werden – zum Beispiel, wenn Pflegebedürftigen nur noch Süßspeisen schmecken.
Nahrung und Ernährung im Alter: Worauf ist zu achten?
In der Versorgung von Pflegebedürftigen sind die Mangelernährung und die Dehydration ernst zu nehmende Aspekte. Beiden gilt es vorzubeugen. Ideen für präventives Handeln finden sich in verschiedenen Richtlinien und Standards. Das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) ist Herausgeber eines Expertenstandards, an dem sich Pflegekräfte orientieren können.
Die Pflege- und Ernährungstipps des Standards beziehen sich nicht nur auf das Ernährungsangebot und das richtige Screening von Nahrungsgewohnheiten als Folgen einer Krankheit. Er hebt auch die Perspektive der Pflegekunden hervor und weist auf Besonderheiten hin. Pflegende können die Ernährungstipps der DNQP gemeinsam mit ihrer persönlichen Berufserfahrung für die Umsetzung einer optimalen Ernährung in der Pflege einsetzen.
Der Körper eines jeden Menschen steht in einer individuellen Balance. Das betrifft auch die körperliche Forderung nach bestimmten Nährstoffen. Neben dem Wissen über die korrekte Zufuhr von Flüssigkeit, Fetten, Eiweißen, Kohlenhydraten und Vitaminen steht dabei natürlich auch das Wohlbefinden der Pflegekunden im Vordergrund. Was braucht der Patient für ein angenehmes Leben?
Oft wissen die Angehörigen der ambulanten Kunden und der Bewohner von Pflegeheimen gut über die Wünsche und Bedürfnisse der Patienten Bescheid. Je nach Erkrankung der Pflegekunden ist es jedoch sinnvoll, die Patienten persönlich nach ihren Anliegen zu befragen. Gerade in der Altenpflege hat der enge Austausch mit den Kunden eine förderliche Wirkung: Pflegebedürftige Menschen erfahren durch die Kommunikation und das Interesse der Pflegenden Zuwendung und Mitgefühl.
Ernährungsmanagement in der Pflege
Theoretisches Wissen und Anweisungen von ärztlicher Seite spielen für das Ernährungsmanagement in der Pflege eine wichtige Rolle. Neben wissenschaftlichen Grundlagen und Expertenstandards zählt dabei auch die praktische Umsetzbarkeit. Je nach Erkrankung und Persönlichkeit müssen ganz unterschiedliche Faktoren beachtet werden.
Ernährungsideen konkret umsetzen
Wie lassen sich einzelne Aspekte in den Pflege-Alltag integrieren? Folgende Schritte können Pflegekräften als Orientierung dienen. Gerade in der Palliativpflege dürfen einige der Faktoren nicht unter den Tisch fallen und verdienen besondere Aufmerksamkeit:
- Vorlieben erheben: Jeder Mensch ist unterschiedlich. Gerade beim Essen wird das besonders ersichtlich. Während die einen regelmäßig ein Stück Fleisch oder Fisch genießen möchten, verzichten andere vollkommen auf tierische Produkte. Auch die Folgen von Erkrankungen beeinflussen die Essenswünsche, Bedürfnisse und Vorlieben der Pflegebedürftigen. In besonders schweren Fällen sollten Pflegende die Einstellung ihrer Kunden jeden Tag erheben.
- Zum Essen gehört Gemüse: Neben magerem Fleisch, Fisch und nahrhaften Beilagen gehört auch Gemüse zu den Komponenten, die eine abwechslungsreiche Mahlzeit ausmachen. Pflegekräfte sollten bei der Zubereitung beziehungsweise der Zuteilung des Essens auf Unverträglichkeiten, Allergien und geschmackliche Präferenzen achten. So wird die Nahrung von den Pflegebedürftigen gut angenommen und gesund ergänzt.
- Salate bringen das nötige Etwas: Neben Rohkost und gekochtem, gebratenem oder gedämpftem Gemüse liefern auch Salate wichtige Vitamine. Krautsalate oder auch Salate mit Roter Beete werden häufig gut von Pflegekunden angenommen. Wichtig ist, dass das jeweilige Dressing nicht zu scharf zubereitet ist. Die empfindliche Mundschleimhaut kann durch starke Würzung geschädigt werden.
Die Zufuhr wichtiger Nährstoffe (Vitamine, Spurenelemente, Kohlenhydrate, „guter“ Fette) spielt in der Altenpflege eine besonders wichtige Rolle. Pflegebedürftige Senioren sind oft selbst nicht in der Lage, auf eine ausgewogene Ernährung und eine passende Zubereitung des Essens zu achten. Diese Aufgaben fallen daher dem Pflegepersonal zu.
Ernährungsprobleme durch gesunde Nahrung vorbeugen
Um die Gesundheit der Pflegekunden positiv zu beeinflussen, können auch die nachfolgenden Tipps gut im Alltag umgesetzt werden. Das betrifft nicht nur die konkrete Gabe von Nahrung, sondern auch die Einkäufe, falls die im Rahmen des Einkaufsservices vom Pflegedienst übernommen werden.
- Frisches Obst als Zwischenmahlzeit: Zwischenmahlzeiten können aus gesundheitlichen Gründen, aber auch gegen den kleinen Hunger sinnvoll sein. Statt einem belegten Brot können Pflegekräfte auch Obst anbieten. Häufig stillen Früchte den ersten Hunger und liefern dem Körper zugleich wichtige Vitamine.
- Smoothies als Alternative: Smoothies sind nicht nur ein aktueller Trend, sie gelten auch im Pflegebereich als günstige Nahrungsalternative. Auch bei Einschränkungen der Nahrungsaufnahme aufgrund von Kau- oder Zahnproblemen können püriertes Obst und Gemüse getrunken werden. Vielfältige Rezepte bieten für jeden Kunden eine passende und schmackhafte Möglichkeit.
- Auf Milchspeisen achten: Eine bunte Palette von Milchspeisen ergänzt die ausgewogene Ernährung der Pflegekunden. Joghurt und Quarkspeisen lassen sich beispielsweise mit Honig verfeinern, aber auch mit Obst oder Körnern.
Ob Altenpflege, Krankenpflege oder Palliativpflege: Ernährung hat nicht nur einen rein funktionellen Charakter. Mit Nahrung geht für die meisten Menschen Genuss einher. Dem Pflegepersonal kommt hierbei die wichtige Aufgabe zu, eine Balance zu schaffen. Der Mittelweg aus Freude am Essen und der Versorgung mit allen wesentlichen Makronährstoffen ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt.
Probleme und Herausforderungen: Gemeinsam stark
Neben der genannten Balance aus Genuss und Versorgung können hinsichtlich der Ernährung in der Pflege noch weitere Probleme auftreten.
- Wie geht man beispielsweise mit Übergewicht um, wenn der Kunde nicht mehr in der Lage ist, sich zu bewegen?
- Welche Bedeutung haben Schluckstörungen und Probleme beim Kauen?
- Kann das Pflegepersonal selbst entscheiden, welches Vorgehen angebracht ist?
Nahrung steht dabei nie für sich allein: Die Ernährung hängt mit dem Gewicht, der Bewegung, der Gesundheit und dem gesamten Wohlbefinden eines Pflegebedürftigen zusammen. Daher gilt es, sich mit dem zuständigen Arzt gut abzusprechen. Gerade bei Veränderungen des Verhaltens oder der Essgewohnheiten können nähere Untersuchungen aufschlussreich sein.
Aber nur im täglichen Miteinander fallen solche Veränderungen schon in einem frühen Stadium auf. Hier ist vor allem das Pflegefachpersonal gefragt, denn Pflegerinnen und Pfleger arbeiten jeden Tag mit den Pflegebedürftigen. Gleichzeitig bringen sie das notwendige theoretische Fachwissen mit, um Ausnahmesituationen adäquat einschätzen zu können – egal ob in der stationären oder der ambulanten Pflege.